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Seit 28 Jahren trommelt Manolo auch für Spaniens Nationalteam. Zu einem Titel hat es für die Selección seither nie gereicht. Böse Stimmen behaupten, dass das an Manolo liegt.

Foto: APA/EPA/Serra

Standard: Nach dem Sieg gegen Dänemark steht Spanien mit einem Bein bei der EURO. Was brachte nach Monaten der Enttäuschung die Wende?

Manolo: Es war ein schwieriges Spiel. Sie mussten gewinnen, sonst wäre die Qualifikation so gut wie verloren gewesen. Dieser große Druck hat das Team zusammengeschweißt. Und das letzte Tor durch Riesa nach 28 Ballkontakten war einfach traumhaft.

Standard: Jetzt fehlt de facto noch ein Punkt aus zwei Heimspielen gegen Nordirland und Schweden.

Manolo: Sie müssen dennoch gut spielen. Der Fußball von heute ist sehr ausgeglichen. So kann auch ein kleines Team im Bernabeu von Madrid gewinnen. Die Selección muss diese Spiele ernst nehmen.

Standard: Mit welcher Erwartung werden Sie zur EURO fahren? Wird Spanien wie daheim 1964, als nur vier Mannschaften die Endrunde bestritten haben, Europameister?

Manolo: Das kann durchaus passieren. Spanien verlor stets in den K.-o.-Runden. Es lief nie schlecht, sie spielten gut. Aber es braucht nicht nur guten Fußball. Das Glück und die Schiedsrichterleistungen sind essenziell. Bei der WM 1986 in Mexiko verloren wir im Elferschießen gegen Belgien, in Südkorea 2002 annullierte man uns zwei reguläre Tore.

Standard: Was verbinden Sie mit den Veranstalterländern, Österreich und der Schweiz?

Manolo: Ich freue mich, dass die EURO in diesen Ländern stattfindet. In der Schweiz gibt es viele Spanier, die uns anfeuern werden. Diesmal werde ich auch eine Charanga, ein Band aus sieben Trommlern mitbringen, um Stimmung zu machen. Der Fußball ist ein Sport, und man soll ihn genießen. Er muss kein Grund für Bösartigkeiten und Gewalt zwischen Fans unterschiedlicher Nationalität sein.

Standard: Auf ihrer Trommel steht ja: "Deporte sí. Violencia no", zu Deutsch: "Sport ja, Gewalt nein".

Manolo: Das ist meine Mission. Man hat mir schon einen Werbevertrag angeboten. Dafür hätte ich diese Botschaft entfernen müssen. Aber das wird niemals passieren.

Standard: Nachdem Sie bereits bei sieben Weltmeisterschaften Stimmung gemacht haben - wie weit, schätzen Sie, kommen die Gastgeberländer?

Manolo: Jedes Team bei der EURO hat die Chance, zu gewinnen. Die Geschichte hat mehrmals bewiesen, dass Außenseiter den Pokal holen können. Wie 2004 in Portugal und 1992 in Schweden. Natürlich hoffe ich, dass Spanien diesmal den Titel gewinnt.

Standard: Wer sind nach der fast abgeschlossenen Qualifikation ihre Favoriten?

Manolo: Frankreich ist stark, England, das zwar noch zittern muss, ebenso.

Standard: Sie können sich sicher noch an die Heim-EM 1964 erinnern. Damals waren Sie erst 15 Jahre alt?

Manolo: Damals habe ich noch die Lokalteams meiner Heimatprovinz Huesca angefeuert. Die Trommel hatte ich erstmals 1979 nach der Diktatur gegen Zypern dabei. Wir haben 3:1 gewonnen.

Standard: Was war der höchste Sieg, den Spanien jemals erzielt hat?

Manolo: Ich erinnere mich da an ein 12:1 gegen Malta in Sevilla. Da hat "La furia española" zugeschlagen. Dann war da noch ein 9:0 gegen Österreich.

Standard: Sind die "Qué Viva Espana"-Chöre nicht eine Hommage an die Franco-Zeit?

Manolo: Was die Fans brauchen, das ist eine Hymne für den Fußball. Es spricht viel dafür und stets hat man den Fußball politisch interpretiert. Aber Sport ist Sport. Wobei ich glaube, es wird eine neue Fußball-Hymne geben. Das schadet sicher nicht dem Image.

Standard: Bei all den Separationsgedanken in Spanien - wie setzt sich die Fangemeinde zusammen? Jubeln Basken und Katalanen mit?

Manolo: Ich glaube, dass 98 Prozent der Spanier, ob es nun Basken oder Katalanen sind, zur Selección halten.

Standard: Haben Sie jemals ihre Trommel einem anderen Fan überreicht?

Manolo: Hin und wieder, aber nur zwei Minuten. Einige Male hat man sie mir gestohlen, etwa bei einem Basketballspiel. Doch als die Täter sahen, wie traurig ich war, gaben sie sie mir zurück. Ähnliches passierte mir in Bosnien.

Standard: Haben Sie Nachahmer, "Trommelkonkurrenz"?

Manolo: Heute gibt es fast auf jedem Fußballplatz, sei es in Spanien oder Lateinamerika, Trommeln. Das freut mich, sie grüßen mich. Ich bin nun 28 Jahre mit der "Bombo" in den Stadien. Und wenn es Trommeln gibt, dann amüsieren sich die Fans. Amüsieren sich die Fans, gibt es keine Gewalt.

Standard: Hatten Sie je eine Anzeige wegen Ruhestörung?

Manolo: Ich glaube nicht. Ich kann mich an keine erinnern. (Mit Manolo sprach Jan Marot - DER STANDARD PRINTAUSGABE 27.10. 2007)