Teilnehmer Süleyman Boynukara und Kursleiter Florian Bauer nahmen durch, wie man einen Meldezettel ausfüllt oder mit dem Bürgermeister spricht

Foto: Markus Peherstorfer

Salzburg – Wenn Süleyman Boynukara über seine neu erworbenen Deutschkenntnisse spricht, gerät er ins Schwärmen: "Ich glaube, ich verstehe das Land und die Leute hier jetzt besser. In Österreich gibt es zum Beispiel eine multikulturelle Gesellschaft mit verschiedenen Konfessionen, Religionen, Sprachen und Herkunftsländern. Ich liebe Österreich. Hier gibt es viel Platz für Multikulturelles. Wir können hier zum Beispiel mit Bosniern, Indern oder Arabern sprechen, das ist alles möglich."

 

80 Stunden Deutsch

Der 35-jährige Boynukara ist Imam im Gemeindezentrum der Islamischen Föderation im Salzburger Stadtteil Schallmoos. Und er ist einer von sieben Absolventen des österreichweit ersten Deutschkurses speziell für Imame. Der fünfmonatige Kurs an der Volkshochschule umfasste 80 Unterrichtsstunden und wurde großteils von der Stadt Salzburg finanziert. Die Teilnehmer zahlten aber auch einen Teil der Kursgebühr selbst, nämlich 80 Euro pro Person.

Imame sollen sich vernetzen

Die Initiative für dieses Angebot kam von der Integrationsbeauftragten der Stadt Salzburg, Anja Hagenauer. Ein Hauptmotiv dabei sei gewesen, "auch die Imame untereinander zu vernetzen", sagt Kursleiter Florian Bauer: "Es gibt doch einige Imame in Salzburg, aber sie haben nicht viel Kontakt untereinander."

Acht Gemeinden in der Stadt Salzburg

Ein Imam ist der Vorbeter im Gebetsraum einer islamischen Gemeinde. Etwa 200 solcher Gemeinden gibt es in ganz Österreich, davon in der Stadt Salzburg insgesamt acht: Je eine bosnische, arabische und albanische Gemeinde sowie fünf türkische, wovon wiederum drei der sunnitischen, eine der schiitischen und eine der alevitischen Konfession angehörten, sagt Süleyman Boynukara. Die fünf türkischstämmigen Imame der Stadt Salzburg haben gemeinsam mit zwei Kollegen aus Hallein am Kurs teilgenommen, der Mitte März auslief. Eine Fortsetzung ist geplant.

Keine eigene Ausbildung in Österreich

Eine Imam-Ausbildung in Österreich gibt es nicht. Diejenigen Vorbeter, die hier arbeiten, kommen daher meist direkt aus den Heimatländern der jeweiligen Gemeinden. Wie lange sie in Österreich bleiben, sei nicht festgelegt, sagt Boynukara: Es gebe Imame, die nur zwei oder drei Jahre blieben, die meisten seien aber für länger hier. Dennoch glaubt er, dass sie alle gern Deutsch lernen würden: "Fremdsprachen, Deutsch, Englisch oder andere, sind in der Welt überhaupt sehr wichtig. Aber wenn wir jetzt hier leben, müssen wir die Landessprache lernen."

"Wir leben in Österreich"

Im islamischen Zentrum könne er nicht Deutsch sprechen, sagt Boynukara: "Alle unsere Gemeindemitglieder hier sind Türkinnen und Türken. Aber wenn ich aufs Magistrat gehe oder zum Arzt, wenn ich etwas kaufen oder verkaufen möchte oder eine Reise machen will, brauche ich Deutsch. Wir leben in Österreich. Also müssen wir gut Deutsch lernen. " Auch, wenn nichttürkische Muslime in die Gemeinde kommen, zum Beispiel Araber oder Bosnier, sei das für die Kommunikation ein Problem. "Der Kontakt mit Muslimen aus anderen Ländern ist für uns sehr wichtig."

Meldezettel, Erlagschein, politische Bildung

Entsprechend sähen auch die Inhalte des Kurses aus, sagt Deutschlehrer Florian Bauer. Viele Dinge seien nicht anders als in einem gewöhnlichen Integrationskurs: "Zum Beispiel einen Meldezettel ausfüllen, einen Erlagschein ausfüllen, also einfache amtliche Tätigkeiten und Behördenwege. Dazu kommt noch, was speziell in diesem Kurs war, ein bisschen verstärkt politische Bildung, politische Organisation im Land. Und der offizielle Kontakt mit den Behörden, den normale Migrantinnen und Migranten im Integrationskurs nicht brauchen, etwa, wie ich mit dem Bürgermeister spreche."

Religiöses Vokabular sollte gelehrt werden

Was Boynukara im ersten Teil noch fehlte, war religiöses Fachvokabular: "Zum Beispiel kommen manchmal Schüler vom Gymnasium oder von der Hauptschule und möchten ein Gebetshaus besuchen. Dann kommen Fragen: Was ist das, was ist das, und so weiter. Aber auf Deutsch kann ich das nicht sagen. Theologische Begriffe im Deutschkurs, auch das wäre wichtig für uns."

Imame als Multiplikatoren

Imame hätten Vorbildfunktion für die Muslime in Österreich, sagt Florian Bauer. Gerade deshalb brauche es ein maßgeschneidertes Kursangebot, um sie anzusprechen: "Imame sind doch Autoritätspersonen, und deshalb ist es nicht leicht für sie, mit anderen in einem gewöhnlichen Integrationskurs zu sitzen." (Markus Peherstorfer, derStandard.at, 15.5.2008)