Wien - Bei der Beaufsichtigung des heimischen Finanz- und Kapitalmarktes sollte nicht gespart werden, die dafür zuständige Finanzmarktausichtsbehörde (FMA) benötige dafür erstklassiges Personal mit erstklassiger Bezahlung und erstklassigen Karriereaussichten. Auch Steuereinnahmen könnten nach Ansicht des Vorsitzende der Übernahmekommission, Peter Doralt, zur Finanzierung der FMA verwendet werden. "Ein Skandal kostet ein vielfaches davon", so Doralt.

"Je komplexer die Märkte sind, desto mehr Regulierung brauche ich", sagte Doralt heute, Donnerstag, auf der parlamentarischen Enquete zum Thema "Coporate Governance und Kapitalmarkt - Aktuelle Herausforderungen", zu dem die SPÖ geladen hatte. Die Kapitalmärkte würden schlecht funktionieren, würde es etwa keine Insider-Regeln geben. Das Killer-Argument "Deregulierung fördert die Märkte" sei häufig falsch.

Das zentrale Problem in der Coporate Governance liegt für Doralt in der fehlenden Unabhängigkeit aller Kontrollorgane von speziellen Interessensgruppen - u. a. ökonomische und verwandtschaftliche Abhängigkeiten. In Österreich etwa sei der Aufsichtsrat immer vom Kernaktionär abhängig, auch der Coporate Governanc-Kodex sehe nur einen unabhängigen Aufsichtsrat bei einer Beteiligung zwischen 20 bis 50 Prozent vor. "Das ist Augenauswischerei", so Doralt, dagegen etwas zu tun, sei aber verdammt schwierig. "Auf Kompetenz alleine kommt es nicht an, sondern dass die Person in ihrem Urteil unabhängig ist", so Doralt.

Unabhängige Prüfer

Auch die Abschlussprüfer müssten unabhängig - von Management und Kernaktionär - werden, unabhängige Prüfer würden viel früher Alarm schlagen, nicht erst knapp vor dem Untergang. Für Bilanzverschleierung sollte es verschärfte straf- und schadensrechtliche Sanktionen geben.

Die Corporate Governance-Kommission, die für der Erarbeitung der Regeln zuständig ist, müsse ebenfalls in ihrer Unabhängigkeit gestärkt werden, forderte Doralt. Die eben erste eingeführten "Comply or Explain"-Erklärung müsste weiterentwickelt werden. Die Richtigkeit der Erklärungen sollte durch unabhängige Stellen überprüft werden, für schuldhaft fehlerhafte Erklärungen oder unterlassene Adhoc-Mitteilungen müsste es Haftungen geben.

Börsevorstand Heinrich Schaller warnte vor einer Überregulierung des Kapitalmarktes, der Handel mit Wertpapieren dürfte nicht verhindert werden. Die oft kritisierten Spekulanten seien für den Kapitalmarkt genau so wichtig wie die langfristig orientierten Anleger. Die Einhaltung des Corporate Governance-Kodex werde ab 1. Juni für Prime Market-Mitglieder verpflichtend werden.

Frage der Kultur

"Coporate Governance hat etwas mit Kultur zu tun, weniger mit Check-Listen", so FMA-Vorstand Harald Ettl. Die FMA sei immer für Selbstregulierung. Die FMA selbst würde sich effizientere Mitttel des Eingreifens wünschen, zum Beispiel bei der Weigerung der Informationsherausgabe müssten die langen Laufzeiten verkürzt werden. In der Kommunikation habe die FMA allerdings ein wirkliches Problem, gab Ettl zu. Dies ergebe sich aus der Gesetzeslage. Die FMA könne alles veröffentlichen, müsse dabei aber auf die Finanzmarktstabilität, die weiteren Verfahrensschritte oder einen übermäßigen Schaden für das betroffene Unternehmen Rücksicht nehmen. Im Zweifel werde dann nicht veröffentlicht.

"Wir wünschen uns eine transparente Aufsicht, eine Aufsicht mit Biss", meinte Helmut Gahleitner von der AK Wien. Er sprach sich für einen verstärkten Dialog zwischen FMA und Konsumentenschützern sowie die Einzelveröffentlichung der Vorstandsbezüge aus. Managergehälter sollten stärker an die realen Ergebnisse gebunden werden.

"Ich halte Stock Options für überflüssig, sie entsprechen nicht unserer Kultur", meinte Kleinanlegervertreter Wilhelm Rasinger. Nicht nur die FMA brauche gute Mitarbeiter, sondern auch die Staatsanwaltschaft, wo bei Kapitalmarktfragen oft die Erfahrungen und das Know-how fehlten. Die Gegenseite könne sich dagegen hochbezahlte Berater leisten. Anlegerschutz sei generell ein Wachstumsmarkt, stellte der IVA-Präsident fest. (APA)