Bilbao/Wien - Österreicher wissen im internationalen Vergleich wenig über die Forschung an embryonalen Stammzellen (ES) und lehnen diesen Wissenschaftszweig heftig ab - die Akzeptanz steigt aber langsam. Das geht aus einer groß angelegten, nun veröffentlichten Umfrage der BBVA Foundation - eine Stiftung der spanischen Bank BBVA mit Hauptsitz in Bilbao - hervor. Die Studie zeigt über einen Fünfjahresvergleich, dass die Zustimmung zur embryonalen Stammzellforschung in vielen Industriestaaten steigt. Dies gilt auch für Österreich, das aber dennoch unter den untersuchten europäischen Ländern Schlusslicht bei der Akzeptanz ist.

Die BBVA Foundation hat die Studie "Einstellungen zur Biotechnologie" nach 2003 heuer zum zweiten Mal durchgezogen und veröffentlicht. 1.500 persönliche Interviews in jedem der zwölf untersuchten europäischen Länder - Tschechien, Deutschland, Dänemark, Spanien, Frankreich, Irland, Italien, Niederlande, Polen, Großbritannien, Schweden und Österreich - sowie in den USA, in Japan und in Israel durchgeführt.

Herkunft der Embryonen

Zur Herstellung von embryonalen Stammzelllinien werden Embryonen geopfert, das ist einer der Hauptangriffspunkte der Kritiker. Dabei ist es den Befragten generell nicht egal, woher die Embryonen stammen. Auf breitere Zustimmung stößt die Verwendung von Embryonen, die bei der Befruchtung außerhalb des Mutterleibes (IVF) ohnehin anfallen und ansonsten vernichtet werden. Die Herstellung von Embryonen extra für die Erzeugung von ES wird dagegen eher abgelehnt.

Zustimmung/Ablehnung zur Forschung

Im Vergleich zu 2003 ist demnach die Zustimmung für die Forschung an ES in fast allen Ländern gestiegen. Abgefragt wurden Zustimmung/Ablehnung jeweils auf einer Skala von eins (totale Ablehnung) bis zehn (volle Zustimmung). So sprachen sich Niederländer (höchste Zustimmung) 2003 durchschnittlich mit der Bewertung 5,7 für die Verwendung von IVF-Embryonen zur Forschung aus, 2008 war die durchschnittliche Bewertung 6,3.

Ähnlich hohe Zahlen ermittelten die Studienautoren in Spanien (2003: 5,6 2008: 6,1), Großbritannien und Italien (jeweils 5,5 bzw. 5,9). Es folgen Deutschland (5,1 bzw. 5,2) und Polen (4,9 bzw. 5,5) sowie - abgeschlagen an letzter Stelle - Österreich mit der durchschnittlichen Bewertung von 3,6 im Jahr 2003 und 4,3 im Jahr 2008. Ein Sonderstellung nimmt Frankreich ein, hier gibt es zwar eine vergleichsweise hohe Zustimmung zur Forschung an ES, allerdings lag der Wert 2008 mit 5,8 unter dem von 2003 mit 6,1.

Definitionsfrage

In einem anderen Kapitel der Studie wurde gefragt, ob ein "einige Tage alter Embryo" - dem letztendlich die Stammzellen entnommen werden - eher als vollwertiger Mensch oder eher als Zellhaufen betrachtet wird. Auch hier schlagen sich die Österreicher im internationalen Vergleich am deutlichsten auf die Seite des Embryonenschutzes. 52,8 Prozent sehen den Embryo als Menschen mit allen Schutzrechten, 14 Prozent eher als Zellklumpen.

Eine ähnliche Bewertung ermittelten die Forscher in Deutschland (51,3 Prozent vollwertiger Mensch/15,4 Prozent Zellklumpen), dann folgen mit abnehmender Zustimmung für den Embryo als ganzen Menschen Irland (44,9/20,1), Polen (43,6/20,8), Niederlande (38,3/24,2), Tschechien (38,3/25,9), Spanien (35,2/26,6), Frankreich (43,4/27,1), Italien (38/28,3) und Großbritannien (42,4/32,4). In Dänemark (38,6/38) und Schweden (35,2/35,9) halten sich die beiden Lager in etwa die Waage. In Japan steht die Einschätzung bei 47/8,8 Prozent, in den USA bei 49,2/24,8 sowie in Israel bei 41,7/19,8.

Wissenslücken

Die ablehnende Haltung der Österreicher zur embryonalen Stammzellenforschung geht laut Studie einher mit den größten Wissenslücken. So gaben nur 41,8 Prozent der Befragten an, in der letzten Zeit Infos zum Thema ES erhalten zu haben. Das ist europaweit der niedrigste Wert. In Schweden konnten sich 86,4 Prozent kürzlich über das Thema informieren. Schlechter als die Österreicher sind noch die Japaner (33,4 Prozent) und die Israelis (39,2) informiert. (APA)