Von Hand sortiert, gedruckt, am Bund genäht und dann noch mit den Daten des künftigen Besitzers versehen, sozusagen "personalisiert". In einem Dokument wie einem Pass steckt ebenso viel Hightech wie Handwerk.

Foto: STANDARD/Urban
Wien – Der Blick durch das verglaste Innenfenster gibt fürs Erste nicht allzu viel her: ein Fabriksraum mit Menschen, Maschinen, Förderbändern und vielen PCs. Betreten darf man als Außenstehender diesen Bereich nicht: Es ist ein Hochsicherheitsraum. Hier werden die österreichischen Pässe "personalisiert". Das heißt, die kleinen roten Bücher werden mit den individuellen Merkmalen ausgestattet, die ein Dokument zu einem persönlichen Ausweis machen: Daten, Foto, künftig auch Fingerabdruck.

"Streng nach Protokoll"

Wir befinden uns in der Österreichischen Staatsdruckerei (OeSD) im Industriegebiet des 23. Wiener Gemeindebezirks. Eine Art Fort Knox für Dokumente wie Pässe, Personalausweise und Führerscheine. Aber auch für kleine Papierstücke mit Geld- und Sammlerwert: Briefmarken. Der Hochsicherheitsraum ist das Herzstück der Fabrik. Gerade einmal 30 Personen aus dem 180 Menschen umfassenden Mitarbeiterstab der Druckerei dürfen dort hinein. Und zwar über eine sogenannte "Vereinzelungsschleuse" – soll heißen, dass Befugten nur einzeln über eine doppelte Zutrittskontrolle eintreten. Nicht einmal Thomas Zach, Generaldirektor-Stellvertreter der OeSD darf da rein: "Ich muss schauen, dass das Unternehmen läuft. Die Überprüfung der Passherstellung ist Sache des direkten Vorgesetzten", erklärt er. Hinein dürfen auch Mitarbeiter des Bundesministeriums für Inneres, die immer wieder einmal und unangekündigt in dem 2000 privatisierten Unternehmen auftauchen, um Herstellung und Sicherheit überprüfen. "Streng nach Protokoll" gehe hier alles zu, sagt Zach. So eine Passherstellung hat mit perfektem maschinellem Druck zu tun. Um etwa einen Kippeffekt im Pass zu erreichen – in Schräglage schimmert "Republik Österreich" am Papier auf – müssen 20 Tonnen Druck auf einen Quadratzentimeter Papier ausgeübt werden. Die Experten nennen den Kippeffekt "First Level Securiy Feature", weil der Passbeamte an der Grenze mit einem schnellen Blick dieses Sicherheitsmerkmal prüfen kann. Gleichzeitig ist so ein Pass ein Stück sorgfältiger Handarbeit. Zum Beispiel das Papier. Dieses wird von einer Fabriksarbeiterin mit weißen Stoffhandschuhen Blatt für Blatt sorgfältig kontrolliert. Die Handschuhe schützen das Papier, das sich sonst durch Schweiß oder Handcremes verändern könnte, erklärt Produktionsleiter Manfred Schottner.

Weggesperrter Ausschuss

Eventueller Ausschuss wird gezählt, vermerkt und bis zur Vernichtung weggesperrt. "Wir können unseren Ausschuss ja nicht einfach wegschmeißen", erklärt Zach im Hinblick auf denkbare kriminelle Handlungen. Auch der Vernichtungsprozess wird innenministeriell überwacht. Alles wird hier weggesperrt. Rohes Passpapier, Nähzwirn für die Bindung, halbfertige und fertige Passbücher oder andere Dokumente. Auch die fein ziselierten, von Hand gelaserten Druckvorlagen für Briefmarken aus aller Welt. Alles wird in versperrbaren Rollkästen angeliefert, gelagert, transportiert. Über jeden einzelnen Bestandteil eines Dokuments – und deren gibt es viele – wird Buch geführt. Durchschnittlich 5000 Pässe werden täglich fertiggestellt; vor der Urlaubssaison meistens mehr.

Naturgemäß singt Zach das Lied des "Fingerprint", einem biometrischen Sicherheitsmerkmal, das künftig die Pässe schmücken wird und das diese auch sicherer machen werde. Dies sei kein weiterer Schritt zum "gläsernen Staatsbürger", betont er. Schließlich sei der Abdruck, eigentlich werden es zwei, nämlich die Profile der beiden Zeigefinger, lediglich auf dem Chip im Pass gespeichert. Und eine zentrale Datenbank werde es ja nicht geben. Deshalb hält Zach den Fall des deutschen Innenministers Wolfgang Schäuble, dessen Fingerabdruck heimlich von einem Wasserglas genommen wurden, nicht für exemplarisch: "Der Fingerabdruck ist nur eines von vielen Pass-Merkmalen. Gerade bei Herrn Schäuble würde es für Identitätsmissbrauch mehr brauchen als nur einen Fingerabdruck." (Johanna Ruzicka, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 17./18.5.2008)