Moskau – Die russischen Staatskonzerne bleiben in den Händen von Vertrauten des ehemaligen Präsidenten Wladimir Putin. "Die derzeitige Position von Unternehmen wie Gasprom und Rosneft wird durch das neue Machtgefüge gefestigt", sagte Ronald Smith, Chefstratege der Alfa Bank. Gasprom profitiere davon, dass der neue Präsident Dmitri Medwedew Aufsichtsratschef war. "Medwedew ist Gasprom eng verbunden und wohl gesonnen", sagte Smith. Kurz vor Medwedews Angelobung übertrug der Staat dem Gaskonzern ohne Ausschreibung Vorkommen mit einer Kapazität von vier Trillionen Kubikmeter Gas.
Die Umstrukturierung von Regierung und Kreml macht jedoch auch Änderungen in den Konzernzentralen notwendig. So muss auf jeden Fall der Posten des Aufsichtsratschefs von Gazprom nachbesetzt werden. Als aussichtsreichster Kandidat für diese Funktion gilt der ehemalige Premierminister und jetzige erste Vize-Premier Viktor Subkow. Subkow wurde vom Gasprom-Vorstandsvorsitzenden Alexej Miller in London bereits als neuer Aufsichtsratsvorsitzender vorgestellt, berichtete das Wall Street Journal. Die offizielle Wahl findet bei der Hauptversammlung am 27. Juni statt.
Setschin will bleiben
Im Juni wird auch beim staatlichen Ölkonzern Rosneft ein Sesselrücken erwartet. Russische Medien berichteten im Vorfeld der Machtübergabe, dass Igor Setschin vor der Ablöse steht. Nach der Bestellung von Setschin, der als Anführer des Geheimdienst-Clans gilt, zum Vize-Premier und neuen Aufseher der Schiffbauholding OSK sitzt er jedoch wieder fest im Sattel. "Bis jetzt ist mir nicht bekannt, dass ich diesen Posten verlassen muss", sagte Setschin RBK Daily.
Die Nominierung von Regierungsmitgliedern in die Aufsichtsräte von Staatskonzernen zeigt, dass sich an der bisher gängigen Bestellungspraxis vorerst nichts ändern wird. Medwedew forderte bei seiner Wahlkampfrede in Krasnojarsk, dass in die Kontrollorgane der staatlichen Unternehmen "wirklich unabhängige" Mitglieder einziehen sollten. "Ich denke, dass die meisten Staatsbeamten in den Aufsichtsräten nichts zu suchen haben", sagte Medwedew. "Das ist ein langfristiges Ziel, das in diesem Sommer sicherlich nicht erreicht wird", sagt Analystin Jelena Scharipowa von Renaissance Capital.
Sowohl für die Aufsichtsräte der Luftfahrtholding OAK, der Energiekonzerne UES und Transneft und des Schifffahrtunternehmens Sowkomflot als auch der zweitgrößten Bank Russlands, der VTB, sind hochrangige Regierungsmitglieder vorgesehen.(Verena Diethelm, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 17./18.5.2008)