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Der Österreicher hat ein Vaterland, er liebt 's und hat auch Ursach' es zu lieben, mag er diese Äußerung auch Franz Grillparzer zuschreiben und mag diese seine Liebe auch oft nicht in einem angemessenen Verhältnis zur Ursache stehen. Daher aus gegebenem Anlass Einiges zum Thema Patriotismus. "Der Patriotismus verdirbt die Geschichte." Johann Wolfgang Goethe.

"Die billigste Art des Stolzes ist der Nationalstolz ... Jeder erbärmliche Tropf, der nichts auf der Welt hat, darauf er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein." Arthur Schopenhauer.

"Patriotismus, der: Entflammbarer Müll, der für die Fackel des Ehrgeizlings bereit liegt, welcher seinen Namen ins rechte Licht gerückt sehen will." Ambrose Bierce.

"Patriotismus ist die Tugend der Bosheit." Oscar Wilde. "Patriotismus ist die letzte Zuflucht des Strauchdiebes." Samuel Johnson.

Und in der "Kronen Zeitung" predigte am Sonntag Claus Pándi zum Thema Unbefugter Patriotismus: Wäre ja noch schöner, wenn während des Fußballfestes jeder dahergelaufene Normalbürger sein Auto mit dem Staatswimpel aufputzen wollte. Eventuell aufkeimendem Nationalstolz ob möglicher EM-Erfolge soll nun Einhalt geboten werden. Rechtsexperten wurden beauftragt, einer drohenden Privilegien-Untergrabung diverser Republiksautoritäten einen Riegel vorzuschieben.

Seit der Bundespräsident gegen den Befehl des "Krone"-Herausgebers den EU-Vertrag unterschrieben hat, firmiert er dort als privilegierte Republiksautorität. Hinter dieser Groteske steckt freilich auch die hierzulande weit verbreitete Zurückhaltung, sich der Liebe zu seiner Heimat bekennen zu dürfen, wähnt Pándi. Tatsächlich besteht diese Groteske, nämlich der Paragraph 54 des Kraftfahrgesetzes, der das Befestigen von Fahnen und Wimpeln an Autos regelt, seit langem, ohne dass jemand patriotischen Anstand daran genommen hätte.

Die Erregung der "Krone" über dieses Abwürgen edelster Empfindungen machte sich in dem Aufmacher Luft: Schikane bremst Begeisterung der Fußballfans - Saftige Strafen für EM-Fahnen auf Pkw. Im Blattinneren wurde die ganze Schaurigkeit dieser Schikane unter dem Schlagwort "EUROkratie im Alpenland" zusammengefasst, und sofort wurden empörte Reaktionen quer durch Österreich vermerkt.

Diese aus der "Krone"-Redaktion quer durch Österreich sich ausbreitende Erregung hatte aber einen handfesteren Grund, wie zwei Tage später verraten wurde. Unabhängig von den jüngsten Diskussionen hatte die "Krone" - als einziges österreichisches Medium - schon vor Monaten die Erlaubnis vom Innenministerium bekommen, eigene Autofahnen samt dem Bundesadler herzustellen. Und zwar nicht nur samt dem Bundesadler, sondern auch samt der Aufschrift Kronen Zeitung.

Was der Herausgeber fürchtete, war also weniger die bürokratische Unterdrückung patriotischer Wallungen, sondern eine Störung des Geschäfts, das er als einziges österreichisches Medium mit dem Innenminister am Laufen hatte. Aber wozu hat man Freunde in der Regierung? Schon am Dienstag konnte man im Kleinformat der Patrioten mit der Schlagzeile aufatmen: EM-Patrioten dürfen Auto schmücken - Faymann hebt das Fahnen-Verbot auf.

Dazu einige patriotische Fragen: Kann ein Innenminister der Republik Staatssymbole exklusiv an eine Zeitung zu geschäftsmäßiger Verwendung verleihen? Darf ein Verkehrsminister ein geltendes Gesetz per Verordnung einfach außer Kraft setzen, als Gegenleistung für penetrante Beweihräucherung, die längst durch Inserate abgegolten ist? Wann erhält jede(r) Österreicher(in) bei der Geburt ein lebenslanges "Krone"-Abo auf Staatskosten? Und schließlich: Hat Ambrose Bierce Recht oder Samuel Johnson?

Auch ungustiös: Enormes internationales Medienecho hat die letztwöchige NEWS-Titelstory "F. spricht" (Name ausgeschrieben) ausgelöst, rühmt sich der Chefredakteur des Magazins. Zur Erzeugung von Echo war man sogar bereit, das eigene Titelblatt zu manipulieren. Inserate, die in Zeitungen für diese "News" -Nummer warben, zeigten das Cover mit F.s Foto, ausgeschriebenem Namen und dem Text: Die große Exklusiv-Story - Das sagt das "Monster". Im "Standard" -Inserat musste das "Monster" weg , und auf dem Cover hieß es brav: Josef F. spricht. Man leistet ja gern einen kleinen Beitrag zu der Seriosität, auf die sich "News" so gern beruft. (Günter Traxler/DER STANDARD; Printausgabe, 17./18.5.2008)