Doha - Auf der von der Arabischen Liga organisierten Konferenz der libanesischen Konfliktparteien in Doha hat der Gastgeber, der Emir von Katar, Scheich Hamad Bin Khalifa al-Thani, die sofortige Wahl eines neuen Staatspräsidenten und die Bildung einer Allparteienregierung vorgeschlagen, um die übrigen Streitpunkte erst im Anschluss daran zu behandeln. Wie in der Nacht auf Montag aus Delegationskreisen in Doha verlautete, soll nach dem Vorschlag die künftige "Regierung der Nationalen Einheit" aus 13 Vertretern der Mehrheitskoalition und zehn Vertretern der Opposition zusammengesetzt sein. Bei der Ernennung von sieben weiteren Ministern soll der neue Staatspräsident freie Hand haben.

Katars Ministerpräsident Scheich Hamad Bin Jassem al-Thani hatte nach der ersten Verhandlungsrunde erklärt, es sei gelungen, alle Hürden aus dem Weg zu räumen, die bisher die Wahl des christlich-maronitischen Kompromisskandidaten, Armeechef General Michel Sleimane, zum Staatspräsidenten verhindert haben. Das höchste Staatsamt ist seit einem halben Jahr vakant, die Wahl des Nachfolgers von Präsident Emile Lahoud durch das Parlament wurde bereits neunzehn Mal verschoben und soll nun am 10. Juni erfolgen.

Keine Annäherung wurde jedoch in der eigentlichen Hauptstreitfrage erreicht, bei der es um die Waffen der Miliz der pro-iranischen Schiiten-Organisation Hisbollah geht. Der Chef der Hisbollah-Delegation und Fraktionschef im Parlament, Mohammed Raad, schloss kategorisch aus, das Waffenthema vor einer Einigung über die Regierungsbildung zu diskutieren.

Als Sprecher des Regierungslagers sagte Jugend- und Sportminister Ahmed Fatfat: "Wenn man sich in Doha nicht mit der Waffenfrage befasst, wird (aus der Konferenz) nichts herauskommen". Das libanesische Volk erwarte sich zumindest eine "Rahmenregelung". Die pro-westliche Mehrheitskoalition hatte den Beginn der Verhandlungen zunächst von einer "feierlichen Verpflichtung" der Hisbollah abhängig gemacht, "ihre Waffen nicht gegen Libanesen einzusetzen".

Sechs-Punkte-Abkommen

In einem am Donnerstagabend nach einer Schlichtungsmission der Arabischen Liga in Beirut unterzeichneten Sechs-Punkte-Abkommen hatten sich die Konfliktseiten verpflichtet, auf jede Gewaltanwendung zur Erreichung politischer Ziele zu verzichten, "die Autorität des Staates auf dem gesamten Staatsgebiet zu konsolidieren" und Versöhnungsverhandlungen in Katar aufzunehmen.

Nachdem die Regierung den Hisbollah-nahen Sicherheitschef des Beiruter Flughafens abgesetzt und das Hisbollah-eigene Telekommunikationsnetz für illegal erklärt hatte, waren vor elf Tagen die schlimmsten Unruhen seit dem Ende des fünfzehnjährigen Bürgerkrieges 1990 ausgebrochen. 82 Menschen kamen bei den mehrtägigen Zusammenstößen ums Leben. Hisbollah-Kämpfer brachten die muslimischen Teile und die Innenstadt von Beirut unter ihre Kontrolle und stürmten den Fernsehsender "Future TV" und das Redaktionsgebäude der Zeitung "Al-Mostaqbal".

Beide befinden sich im Besitz der Familie des sunnitischen Chefs der Mehrheitskoalition, Saad Hariri, des Sohnes des 2005 ermordeten Ex-Ministerpräsidenten Rafik Hariri. Die Armee hatte die Hisbollah-Miliz gewährenlassen. Auf Vorschlag von General Sleimane wurden die Regierungsbeschlüsse, die von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah als "Kriegserklärung" bezeichnet worden waren, annulliert.

Stärke ohne Regierungsmacht

Der Chef des israelischen Militärgeheimdienstes, Generalmajor Amos Yadlin, geht davon aus, dass die Hisbollah kein Interesse daran hat, die ganze Macht im Libanon an sich zu reißen, obwohl sie dazu jederzeit fähig wäre. "Wenn sie das gewollt hätte, dann hätte sie es jetzt getan", sagte der General vergangene Woche der Zeitung "Haaretz". Die Hisbollah wolle aber nicht vorgehen wie die palästinensische Hamas im Gaza-Streifen. Für die Schiitenbewegung sei es "angenehmer", sich in einer Position der Stärke zu befinden, ohne die Regierungsmacht auszuüben.

Sie habe militärisch beweisen können, dass sie "das stärkste Machtzentrum" im Libanon ist, so Yadlin. "Sie ist stärker als die libanesische Armee". Diese sei offenkundig nicht in der Lage, "den Interessen der Regierung zu dienen", meinte der Chef des israelischen Militärgeheimdienstes. (APA)