Kleinwasserkraftwerke sollen die Menge der aus Wasserkraft hergestellten Energie erhöhen.

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Allzu tief ließ sich Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) nicht in die Karten schauen, als er jüngst den "Masterplan Wasserkraft" vorstellte. Hainburg und Wachau, wiederholte er, bleiben tabu. Rund sieben Mrd. kWh wurden in der Studie ausgemacht, die durch neue Standorte und Verbesserung der alten bis zum Jahr 2020 produziert werden könnten. Das entspricht der siebenfachen Menge des letzten und zehnten heimischen Donaukraftwerks, der Freudenau.

Bekannte Projekte

Was an konkreten Projekten genannt wurde, ist weitgehend bekannt. Die vom Tiroler Landesversorger Tiwag geplanten Ausbauten Kaunertal (505 Megawatt Leistungsplus) und Sellrain-Silz (190 Megawatt Leistungssteigerung) wurden der Landesregierung bereits 2006 vorgelegt. Das damals in der Planung enthaltene Groß-Wasserkraftwerk im Ötztal – mit einer Leistung von rund 1400 Megawatt um 1,8 Milliarden Euro das bei weitem leistungsstärkste Kraftwerk in Österreich – findet sich nicht im Masterplan. Aufgelistet ist dagegen das Pumpspeicher-Vorhaben des Verbunds in Kaprun: Limberg 2 wird mit 480 Megawatt die Gesamtleistung der Gruppe auf 985 Megawatt fast verdoppeln und zum leistungsstärksten Kraftwerk Österreichs aufwerten. Bereits im Bau befindet sich das Vorarlberger Speicherkraftwerk Kops 2, mit 450 Megawatt das größte Pumpspeicherwerk der Illwerke. Ein weiteres Großprojekt plant der Verbund mit "Reißeck 2" in Kärnten (430 Megawatt um 450 Millionen Euro). Nur noch zwei genannte Vorhaben kommen auf eine Dimension von 100 Megawatt oder mehr. Den Investitionsaufwand für die E-Industrie bezifferte Leo Windtner, Präsident des Verbands der Elektrizitätsunternehmen Österreichs, mit 8,4 Mrd. Euro.

Potenzial bei Kleinwasserkraft

Gustav Resch vom Institut für Energiewirtschaft der TU Wien sieht verbleibendes Potenzial eher bei der Kleinwasserkraft. Derzeit kommen rund 33,4 Mrd. kWh aus Großwasserkraft, rund 2400 Kleinwasserkraftwerke (mit einer Leistung von bis zu 10 Megawatt) steuern 5 Mrd. kWh bei. Dass Großvorhaben im Masterplan eine große Rolle spielen, ist für Resch verständlich, "das ist günstiger", weil dafür keine öffentliche Förderung nötig ist. Dagegen wird Energie aus Kleinwasserkraft über das Ökostromgesetz unterstützt. "Der Förderaufwand ist mit 5 Cent/Kilowattstunde zwei Drittel geringer als für Biogas (15 Cent/Kilowattstunde)", rechnet Udo Bachhiesl von der Technischen Universität Graz vor.

Die Kosten für den Ökostrom sind es auch, die die Regulierungsbehörde E-Control zuletzt auffällig häufig veranlassten, Experten und Naturschützer in ihrem Ruf nach Maßnahmen zur Eindämmung des wachsenden Energieverbrauchs und mehr Energieeffizienz zu unterstützen. Die Anfang Mai im Ministerrat beschlossene Novelle zum Ökostromgesetz lässt die Kosten für die Haushalte nämlich um ein Drittel auf 400 Millionen Euro jährlich steigen, rechnete auch_E-Control-Chef Walter Boltz jüngst vor. Ein Haushalt zahlt demnach derzeit jährlich 35 Euro für Förderungen direkt mit der Stromrechnung. Eine zusätzliche Kostenbelastung etwa in der gleichen Höhe ergibt sich durch entsprechend gestiegene Produktionskosten der Haushaltsprodukte. Der Ruf nach "günstiger" Wasserkraft kommt somit nicht überraschend.

Altbekannte Argumente

Als Reaktion auf die Pläne des Ministers holen auch die Kraftwerksgegner und Naturschützer wieder ihre Argumente aus der Schublade. "Stromverbrauch senken, Vorrang für Effizienzsteigerung und Revitalisierung bestehender Anlagen", listet Global-2000-Mann Heinz Högelsberger auf. TU-Experte Udo Bachhiesl konzediert Potenzial, auch bei Letzterem, "aber das wird uns nicht retten". Umweltdachverbands-Präsident Gerhard Heiligenbrunner erteilt dem Ministerwunsch nach beschleunigten Verfahren für eine Kraftwerksprüfung und einer moderaten Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie eine klare Absage. Wirklich interessant wird es wohl erst, wenn weitere konkrete Projekte auf den Tisch kommen, die eine Beurteilung nach ökologischen und ökonomischen Kriterien erlauben. Auf die Größe alleine kommt es dabei nicht an. Und dass nicht nur Großkraftwerke auf erbitterten Widerstand stoßen, erlebte die Energie AG in Oberösterreich beim Bau des Traun-Kraftwerks Lambach. Man könnte dafür beinahe Kleinwasserkraft-Förderung beantragen. Der jahrelange Widerstand dagegen war allerdings beträchtlich. (Regina Bruckner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.5.2008)