Wohnhäuser benötigen viel Energie. Bei Neubauten wird deshalb stärker auf Energieeffizienz geachtet. Beim Projekt "Probewohnen im Passivhausdorf" wird gezeigt, worauf es beim Hausbau ankommt.

Ein Passivenergiehaus unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht von einem anderen, modernen Einfamilienhaus: Von außen modern, innen warm, viel Holz, sonnendurchflutet. Es ist nur eine einzige Kleinigkeit, eigentlich das Fehlen dieser Kleinigkeit, durch die sich der Unterschied zu einem "normalen" Neubau manifestiert: Es gibt keine Heizungsradiatoren und auch sonst keine Öfen.

Stattdessen finden sich kleine Ent- und Belüftungsgitter in der Größe von drei nebeneinandergelegten Zigarettenschachteln an den Seitenwänden, in Boden- und Deckennähe. Jedenfalls ist es im Haus Buchner so. Einem der Häuser im "1. Europäischen Passivhausdorf" in Großschönau im Waldviertel. Fünf Häuser wurden dort bisher errichtet, die die Möglichkeiten des Passivhausbaus aufzeigen: unterschiedliche Anbieter, Architektur, Materialien und Systemkonfiguration zeigen, wie die gewünschte Energieeffizienz auf verschiedenen Wegen erreicht wird. Und in den nächsten Jahren sollen weitere Häuser dazukommen.

Probewohnen kann man dort, weshalb das "Hoteldorf" insbesondere von zukünftigen Häuselbauern aufgesucht wird. Denn der Erklärungs- und Planungsbedarf bei Passivenergiehäusern ist beim sowieso komplexen Vorhaben Hausbau besonders groß. Und weil die Landschaft hübsch ist, gleich vis-à-vis ein Badeteich liegt und es in Großschönau viele Wanderwege gibt, lässt sich bei einem solchen Kurzurlaub das Nützliche trefflich mit dem Angenehmen verbinden.

Auch muss mit dem Probewohn-Angebot "gegen Klischees" gearbeitet werden, erklärt Martin Zizka, Leiter des Projekts "Probewohnen am Sonnenplatz". Klischees, die da wären: Fenster dürfen bei Passivhäusern nicht geöffnet werden ("Natürlich kann man die Fenster öffnen, nur ist dies nicht erforderlich, da sich sowieso die optimale Menge an Frischluft in den Räumen befindet."). Wegen der Lüftungsanlage, die die Temperatur auf das gewünschte Niveau rund ums Jahr regelt, zieht es in diesen Gebäuden ("Es darf nicht ziehen. Wenn es zieht, wäre das ein grober Planungsfehler."). Die Häuser schauen aus wie Schuhschachteln ("Jede Form von Architektur ist möglich."). Man kann keinen Keller bauen ("Auch das ist möglich, kostet aber natürlich mehr.").

Mehrkosten

Kein Klischee ist, dass der Bau eines Passivenergie_hauses teurer ist als ein normaler Neubau, und zwar um zehn Prozent mindestens. Allerdings amortisieren sich die Mehrkosten angesichts des hohen Erdölpreises in 12 bis 15 Jahren – "noch bevor der Kredit ausläuft, der ja meist über 20 Jahre geht", wie Zizka betont.

Trotzdem sind jährlich nur sechs Prozent der neugebauten Ein- und Zweifamilienhäuser in Österreich im Passivhausstandard; insgesamt wurden bisher gerade einmal tausend solcher Häuser gebaut. Angesichts der EU-weiten Einsparprogramme bei Energie und damit bei Treibhausgas-Emissionen hat das EU-Parlament kürzlich der Kommission vorgeschlagen, ab 2011 nur mehr Passivwohnhäuser beim Hausbau zu erlauben.

Passivenergiehäuser – die in Österreich eine Art Gütesiegel namens klima:aktiv haben – benötigen keine Heizung im klassischen Sinn, bei der Öl, Gas oder Holz/Pellets verbrannt werden. Die Wärme wird durch einen Mix aus baulichen Maßnahmen erreicht: der "Luftdichtheit" von Gebäude, Fenster und Türen sowie einer Wärmedämmung, wodurch das Haus so einpackt wird, dass die Kälte im Winter und die Hitze des Sommers nur abgeschwächt eindringen kann. Die Temperatur im Haus sinkt deshalb auch ohne Heizung nie unter 18 Grad Celsius.

Um die Lüftungsanlage noch effizienter betreiben zu können, wird die Frischluft über geothermische Anlagen geführt, bei der die Erdwärme dafür genutzt wird, um die im Winter sehr kalte Luft vorzuwärmen. Im Lüftungsgerät gibt die warme Abluft ihre Wärme über einen Wärmetauscher an die sich so vorwärmende, ursprünglich kältere Zuluft ab. – Im Sommer wird der Temperaturunterschied zur Kühlung verwendet. Der für Allergiker positive Nebeneffekt dabei ist, dass durch die Filter in der Lüftungsanlage eine wesentlich geringere Pollenbelastung herrscht. Noch dazu kann Schimmelbildung ausgeschlossen werden, gibt es doch keine kalt abstrahlenden Wände.

Natürlich kann der künftige stolze Hausbesitzer alle möglichen Zusatzschmankerln einbauen: Solarpaneele zur Warmwasseraufbereitung; zur Stromversorgung eine Fotovoltaikanlage am Dach; Fußbodenheizungen mit Wärmepumpenbetrieb.

Geführt wird das Passivhausdorf wie ein kleines Selbstversorger-Hotel, bei dem eine Familie ab 199 Euro zwei Nächte in einem der Häuser wohnen kann; Frühstück inklusive. Inkludiert ist auch eine Führung plus Energieberatung. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.5.2008)