Josef Spitzer sieht Atomproblem ungelöst.

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Ein Rapsfeld in Deutschland, das der Herstellung von Biodiesel dient.

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Energieforscher Josef Spitzer glaubt, dass der Umstieg auf erneuerbare Energieträger zu massiven Preiserhöhungen führt. Er fordert politische Maßnahmen. Andreas Feiertag sprach mit ihm.

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STANDARD: Wie sieht die Energie-Zukunft aus?

Josef Spitzer: Mittel- bis langfristig müssen wir von Öl beziehungsweise fossilen Energieträgern wegkommen, da sind sich alle einig. Die Frage ist allenfalls, bis wann dies passiert sein muss. Die einen sagen, es muss zwischen 2020 und 2030 passiert sein, die anderen glauben, dass bis 2050 Zeit ist. Jedenfalls muss der Einsatz fossiler Energieträger auf weniger als 30 Prozent des Wertes von 1990 reduziert werden. Das ist jener Wert, den die Atmosphäre dann gerade noch verkraftet.

Das ist aber nur eine Seite. Die zweite ist die Frage, was dieser Umstieg kostet. Denn die Alternativen, die wir neben der Atomkraft in Form erneuerbarer Energieträgern haben, sind im Durchschnitt teurer als das, was wir heute einsetzen. Der Umstieg wird die Energiekosten erhöhen. Das ist der Grund, warum noch kaum etwas passiert.

STANDARD: Um wie viel teurer würde es?

Spitzer: Über alles gerechnet würde Energie den Konsumenten bei einem derzeitigen Umstieg um mindestens 50 bis 100 Prozent mehr kosten. Zwar rechnen sich bereits erneuerbare Energiequellen wie Wasserkraft, Windenergie an bestimmten Standorten, auch einige Solar- und Bioenergieanlagen. Das, was derzeit konkurrenzfähig ist, wird eingesetzt.

Wenn man aber den Einsatz erhöht, um weitere Teile der fossilen Energieträger zu ersetzen, wird es eben teurer: Mit fortschreitendem Ersatz der fossilen Energieträger müssen immer die nächstteureren Alternativen eingesetzt werden. Daher kommt diese massive Verteuerung insgesamt zustande.

STANDARD: Hat diesem Problem die Forschung denn gar nichts entgegenzusetzen?

Spitzer: Ich glaube nicht, dass es der Forschung gelingt, so schnell etwas Neues zu finden, das billiger ist als das, was wir heute schon haben oder an dem wir arbeiten. Den großen Durchbruch auf der Kostenseite wird es nicht geben. Bemühungen der Forschung konzentrieren sich darauf, den Kostenunterschied zu verkleinern. Aber allein erneuerbare Energieträger durch Forschung und Technologie günstiger zu machen, ist nur der halbe Weg.

Mit, wenn es sein muss, auch ganz harten politischen Maßnahmen, sofern man das Problem wirklich ernst nimmt, müssen gleichzeitig auch fossile Energieträger verteuert werden. Da gibt es viele Möglichkeiten wie etwa Energiesteuern, Kohlenstoffsteuern, Zertifikate und Emissionshandel. Zur Erreichung der Konkurrenzfähigkeit muss man die Reduzierung des Kostenunterschieds von zwei Seiten angehen.

STANDARD: Ist Atomkraft eine Alternative?

Spitzer: Die Diskussion um eine Renaissance der Atomkraft ist durch den Klimawandel angeheizt worden. Tatsächlich ist es so, dass kaum CO2 emittiert wird, Atomenergie so gesehen zwar tatsächlich sauber und umweltfreundlich ist. Die Probleme der Endlagerung des radioaktiven Abfalls und der möglichen gravierenden Störfälle sind aber trotz Forschung ungelöst. Auch darf man nicht vergessen, dass Atomkraft ja nur Strom erzeugt. Das dringend zu lösende Problem liegt jedoch im Einsatzbereich von Öl: der Verkehr.

Um dies mit Atomkraft zu lösen, müsste zuerst der Durchbruch gelingen, Elektrofahrzeuge in ausreichendem Maß und nachhaltig in den Verkehr zu integrieren. Das sollte meiner Meinung nach in jedem Fall angestrebt werden, aber eben mit Strom aus erneuerbarer Energie. Doch dieser Durchbruch ist nach derzeitigem Forschungsstand noch mindestens 20 Jahre entfernt. Bis dahin wird man mit Biotreibstoffen, die ohne Beeinträchtigung der Nahrungs- und Futtermittelproduktion hergestellt werden, eine Übergangslösung schaffen müssen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.5.2008)