Für Bacons "Triptych" bezahlte ein Europäer den Rekord von 86,28 Millionen Dollar, aktuell umgerechnet 55,66 Millionen Euro (Mai 2007: 63,44 Millionen Euro).

Foto: Sotheby’s
New York – Mit Argusaugen wurden die jüngsten Auktionsserien in New York beobachtet. Seitens des Handels und der Galerien, die unweigerlich in den Sog einer Rezession oder gar der befürchteten Depression zu geraten befürchteten. Mag sein, dass man hier bereits präventiv gezielte Stützungseinkäufe tätigte. Das sind freilich halboffizielle Mutmaßungen, denn offiziell bezieht dazu keiner der Marktteilnehmer Stellung.

Die Anzahl der in den Top-Ten-Listen gelisteten Händler ist jedenfalls stattlich. Kann sein, dass einige nun bei den Auktionshäusern in der Kreide stehen, gehört ja auch längst zum Business. In den am 9.Mai von Sotheby’s veröffentlichten Ergebnissen zum ersten Quartal 2008 finden sich zwei solcher Einträge: einnahmenseitig mit Rückzahlungen in der Größenordnung von 16,68 Millionen Dollar (Vergleichszeitraum 2007: 11,84 Millionen), ausgabenseitig notierte Sotheby’s Außenstände von 15,91 Millionen Dollar gegenüber 8,36 Millionen 2007.

Auch Investoren zählten zu den aktuellen Spähern, schon weil der Kurs für die Sotheby’s-Aktien seit Anfang des Jahres auf unter 30 Dollar gerutscht war. Zur Freude Bill Ruprechts hielt man stand. Den Auftakt der New Yorker Auktionsserie absolvierte die Sparte Impressionist & Modern Art (6. bis 8. Mai). Der schwache Dollar-kurs hatte hier im Vergleich zu 2007 nur geringfügige, im Vergleich zu 2006 schon deutlichere Auswirkungen.

Zwar zählen Europäer von jeher auch in den USA zu einer starken Käuferfraktion, allerdings haben sich die Anteile verschoben. Christie’s veröffentlicht diese Aufteilung stets gemeinsam mit den Umsätzen: Bei den Vergleichsauktionen 2006 belief sich der Anteil an Europäern auf 35Prozent, 2007 waren es 48Prozent, aktuell liegt dieser Wert bei 52Prozent und damit bei einer absoluten Mehrheit.

Zweitplatziert liegen die Amerikaner (2006: 51%, 2007: 29%, 2008: 32%), die sich wiederum auch in London bedienen. Aber, die sonst in den Listen der zehn höchsten Auktionszuschläge als anonym deklarierten Käufer stehen aktuell einer starken Amerika-Fraktion gegenüber. Bei Christie’s bewilligte Gagosian Gallery für Alberto Giacomettis 1960 ausgeführte Bronze Grande femme debout II stolze 27,48 Millionen Dollar, umgerechnet 17,72 Millionen Euro. Weiteres reichte man Henri Matisse’ Portrait au manteau bleu von 1935 (22,44 Millionen Dollar / 14,47 Mio. Euro) ebenso in den amerikanischen Handel weiter wie Fernand Légers Les femmes à la toilette (10,21 Mio. Dollar/ 6,52 Mio Euro). Sotheby’s bediente in dieser Sektion vor allem Privatsammler, lediglich Henri Matisse’ Le Géranium (9,56 Millionen Dollar) wechselte in den Kunsthandel.

Die höchsten Preise zahlten sowohl bei Christie’s (Monet, Le Pont du chemin, 41,48 Mio. Dollar / 26,76 Mio. Euro) als auch bei Sotheby’s (u.a. Léger, Etude pour la femme en bleu, 39,24 Mio. Dollar) Privatsammler. Nach drei Sales bilanzierte Christie’s mit einem Total von 325,5 Millionen Dollar im Bereich der Erwartungen, Sotheby’s verteilte 260 Kunstwerke zum Gegenwert von 272,6 Millionen Dollar.

Am 13. und 14. Mai geschah bei Post War & Contemporary Art ein weiteres Wunder. Trotz Messedichte ist der Markt noch aufnahmefähig, selbst in der obersten Preisliga: Christie’s setzte stolze 95 Prozent des Angebotes ab, spielte insgesamt satte 430,81 Millionen Dollar ein. Sotheby’s setzte noch eins drauf, die finale Bilanz – unternehmensintern ein Rekord – 469,8 Millionen Dollar. Yves Kleins MG 9 (23,56 Mio. Dollar) holte sich ebenso der Handel wie sein IKB 1 (14,4 Mio. Dollar) und Piero Manzonis Achrome (10,12 Mio. Dollar). Den längsten Atem hatte ein europäischer Privatsammler: 86,28 Millionen Dollar, umgerechnet 55,66 Millionen Euro bezahlte er für Francis Bacons Triptych . Im Vergleich zum Dollarkurs im Mai 2007 geradezu ein Schnäppchen: 7,77 Mio. Euro hat er sich so "erspart". (DER STANDARD/Printausgabe, 21.05.2008)