Moskau - Der neue russische Präsident Dmitri Medwedew hat entsprechend seinen Ankündigungen im Wahlkampf erste Schritte gesetzt, um die Korruption einzudämmen. Der ehemalige Jus-Professor verordnete die Schaffung eines Antikorruptionsrates, dem er selbst vorsitzen wird. Gleichzeitig wurde unter dem Vorsitz des Chefs der Kreml-Administration, Sergej Naryschkin, eine Arbeitsgruppe zur Korruptionsbekämpfung gegründet.

"Es ist höchste Zeit, dass etwas gemacht wird. Es reicht zu warten! Die Korruption ist zu einem Systemproblem geworden. Diesem Systemproblem müssen wir mit einer Systemlösung entgegentreten", sagte Medwedew laut russischen Nachrichtenagenturen bei einer Sondersitzung mit hochrangigen Beamten. Er forderte die Modernisierung der Gesetzgebung, die rechtliche Aufklärung der Bürger, sowie die Schaffung eines Verhaltenskodex für Beamten. Als Präventivmaßnahme sollen die Einkommen der Staatsbediensteten überprüft werden.

Während der Amtszeit von Medwedews Vorgänger Wladimir Putin hat die Korruption wegen zunehmender Verstaatlichung und Bürokratie bislang unerreichte Maßstäbe erreicht. Im jährlich durchgeführten Ranking der Antikorruptionsorganisation Transparency International ist Russland vom 82. Platz im Jahr 2000 auf Rang 143 im vergangenen Jahr abgerutscht. Russland liegt damit gleich auf mit Ländern wie Togo, Indonesien und Gambia. Der russische Generalstaatsanwalt, Jurij Tschajka, bezifferte im Jahr 2006 das Korruptionsvolumen mit 240 Milliarden US-Dollar.

"Die Ankündigung zeigt, dass Medwedew mutig genug ist, um die wichtigste, ernsteste und riskanteste Reform anzugehen", sagte Jelena Panfilowa, Direktorin von Transparency International in Russland. Bisher handle es sich nur um Lippenbekenntnisse. Es bleibt abzuwarten, welche konkreten Schritte gesetzt werden. Bis dato waren alle Bemühungen, die Korruption zu reduzieren, von wenig Erfolg gekrönt. Der von Putin 2003 gegründete Antikorruptionsrat trat nur einmal zusammen und wurde später aufgelöst.

Panfilowa kritisiert außerdem, dass das Antikorruptionsgesetz, an dem seit 1992 gearbeitet wird, noch nicht in Kraft ist. So gibt es in der russischen Gesetzgebung keine Definition der Korruption. Nur Betrug und das Zahlen von Schmiergeld wird strafrechtlich erfasst. Laut Panfilowa greift dies jedoch zu kurz. Auch Vorteilsgewährung und feindliche Übernahmen durch sogenannte Raider stellen in Russland ein großes Problem dar. (Verena Diethelm, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.5.2008)