Ein Raumschiff, unterwegs in die unendlichen Weiten des Alls - bis der eine oder die andere ob des engen Zusammenlebens die Nerven verliert oder an einem unbekannten Virus erkrankt. Was sich bisher Science-Fiction-Autoren in allen Facetten ausgemalt haben, könnte angesichts der Planung künftiger Marsmissionen, die monatelange Flüge bedeuten, Realität werden.

Deshalb hat eine internationale Forschergruppe begonnen, die Ursachen des extremen Stresses bei Raumflügen und die damit möglicherweise verbundenen Krankheiten genauer zu untersuchen. Zwei Jahre lang wollen Ärzte, Grundlagenforscher, Ingenieure und Strahlenbiologen für die Europäische Raumfahrtorganisation ESA ihre Erkenntnisse zusammenfassen und neue Impulse für die Forschung mitentwickeln.

Flüge ins All seien für die Raumfahrer ein besonderer, in der Entwicklung des Menschen bisher nicht erlebter Stress, sagte der Leiter des Teams "Stress Challenges and Immunity in Space", Alexander Chouker. Weil ihr Immunsystem unter den außergewöhnlichen Bedingungen leide, seien sie anfällig für Krankheitskeime. Zudem könnten die Strahlung und die Schwerelosigkeit im All Keime aggressiver machen.

Es gehe dabei weniger um die Keime an Bord der weitgehend sterilen Raumfähren oder Raumstationen. Vielmehr bedrohten im Körper stets vorhandene Keime plötzlich die Gesundheit. Bei den Apollo-Missionen Ende der 1960er und in den 1970er-Jahren sei die Hälfte der Astronauten während des Fluges oder danach krank geworden, berichtet Chouker. Bei Raumflügen könne etwa das Herpes-Virus ausbrechen, das rund die Hälfte aller Menschen in sich trägt. Viele Raumfahrer litten auch unter Wundheilungsstörungen. Neben der Vorbereitung von Langzeitflügen beschäftigt sich die Forschergruppe auch mit dem Leben in möglichen späteren Habitaten auf dem Mond. (APA, kri/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21./22. 5. 2008)