Bei einer hochkarätig besetzten Luftfahrtkonferenz in Wien übte sich die Branche in Imagekorrektur.

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"Wenn es soweit führt, dass man aufgrund des Anbaus von Biosprit in Mexiko keine Tortillas mehr machen kann, dann wird es sich wohl nicht um einen vernünftigen Ansatz handeln", stellte Richard Parker, Chefingenieur vom britischen Hersteller Rolls-Royce, zur Diskussion rund um die Einführung von Biosprit in der Luftfahrt fest. Für den Techniker scheint außer Frage zu stehen, dass es sich bei Biosprit um Verschwendung von Nahrungsmitteln handelt, die ohnehin knapper und teurer würden. Zudem sei Biosprit auch technisch betrachtet nur eine unbefriedigende Zwischenlösung. Parker gilt als einer der einflussreichsten Köpfe der Branche: Sollen es doch seine Entwicklungen sein, die den CO2-Ausstoß der Flugzeuge wesentlich senken werden - neue Triebwerke.

Die Luftfahrtbranche werkt eifrig an ihrer Imagekorrektur. Vom Ruf des Umweltverschmutzers will man sich mit Hilfe neuer Technologien entfernen. Wie diese auszusehen haben und welche Strategien und Entwicklungen vonnöten sein werden, um die hochgesteckten Ziele zu erreichen, war Thema der mit hochkarätige Experten besetzten Konferenz "Sustainable Growth into Competitive Markets" in Wien.

Der Grundtenor der vom Infrastrukturministerium organisierten Veranstaltung war eindeutig: Nur eine enge Zusammenarbeit zwischen allen europäischen Ländern, Herstellern, Zulieferern und letztendlich auch den Konsumenten kann die anstehenden Probleme der Industrie lösen.

Grüne Brummer

Nicht nur die Auswirkungen auf die Umwelt wurden diskutiert, sondern auch die Chancen der gesamten europäischen Luftfahrtbranche. Innovative Technologien würden zahlreichen Herstellern, aber auch kleinen Ländern, helfen, neue Märkte zu erschließen und sich als Vorreiter mit ihren Produkten am Weltmarkt etablieren zu können. Eine "grünere Luftfahrt" wird nur über Forschung und Entwicklung erreicht, waren sich die Teilnehmer einig.

Für Richard Parker sind es aufregende Zeiten: Selten sind Triebwerkentwickler so im Zentrum des Interesses gestanden wie heute. Neuen Flugzeugtypen gehörte bisher die Aufmerksamkeit, nicht deren Antrieb. "Wir erleben eine wahre Renaissance der Propeller", berichtet Parker. "Wir arbeiten derzeit an neuen Triebwerken, die für den optimalen Wirkungsgrad mit zwei entgegengesetzt rotierenden Propellern bestückt sind." Man sei derzeit noch in der Projektphase und suche nach den besten technisch machbaren Lösungen. Prototypen werden noch einige Zeit auf sich warten lassen.

Eine Problematik samt der daraus resultierenden Debatten zeichnet sich allerdings schon jetzt ab: "Ein Propellerantrieb ist lauter als die gängigen Triebwerke. Es muss daher eine Balance zwischen optimaler CO2-Einsparung und Lautstärke gefunden werden. Beide Faktoren auf ein Minimum zu drosseln, geht derzeit nicht", sagt Parker und erteilt damit den Wünschen der Politik und vieler Anrainer vorerst eine Absage.

Triebwerk und Tragfläche

"Wir müssen uns aber auch fragen, was wir wollen: Der Lärm ist nach zwei Minuten vorbei. Emittierte Stickstoffoxide sind nach ein paar Jahren abgebaut, aber das CO2 werden wir auch in hunderten Jahren nicht mehr los." Die Lautstärke der neuen Triebwerke werde auch zu Veränderungen in der künftigen Architektur von Flugzeugen führen, meint Parker. "Die Triebwerke werden auf den Flugzeugen montiert, aufgrund der Lautstärke und für einen besseren Wirkungsgrad am hinteren Teil." Und: "Derzeit sind die Ingenieure sehr gefordert, aber es war noch nie so spannend, neue Triebwerke zu konstruieren."

Neue Umweltauflagen und stetige Innovationen werden auch bei den europäischen Flugzeugherstellern deutliche Spuren hinterlassen, ist Jens König von Airbus überzeugt. Wenn die Triebwerke auf dem Dach des Fliegers sitzen, werden die Maschinen zum einen tiefergelegt, zum anderen - und das ist wesentlich - die Tragflächen deutlich leichter und so eine effizientere Ausnutzung neuer aerodynamischer Entwicklungen ermöglichen. "Wir erwarten uns durch neue Tragflächenkonstruktionen hohe Treibstoffeinsparungen und daher weniger Emissionen. 20 bis 25 Prozent weniger Luftwiderstand sind eines unserer nächsten großen Ziele."

Ebenfalls Konferenzthema war die Rolle der Flughafenbetreiber und der Kunden. Die Stickstoffemission sei in der Nähe von Flughäfen besonders hoch. Schuld daran sind aber nicht die Flugzeuge, sondern der Autoverkehr. Es sei daher Aufgabe von Politik und Betreibern, in Anlehnung an das Konzept "von der Straße auf die Schiene" ein Umdenken zu "von der Schiene in den Flieger" voranzutreiben.

Nicht zuletzt werde Nachhaltigkeit auch ein Thema für die Fluggäste, die in Zukunft nur jene Fluglinien und Flughäfen nutzen könnten, die nicht nur einen angenehmen Flug, sondern auch eine sauberere Umwelt garantieren. (Gregor Kucera/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21./22. 5. 2008)