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Ob und wie Kinder in einem Kindergarten gefördert werden, hängt oft vom persönlichen Engagement der PädagogInnen ab.

Foto: ap/Endlicher
Anna, Jacqueline und Achmed sind vier Jahre alt. Sie alle haben Glück - ihre Eltern können es ihnen ermöglichen, einen Kindergarten zu besuchen. Doch weil Anna, Jacqueline und Achmed in jeweils unterschiedlichen Bundesländern leben, müssen ihre Eltern unterschiedlich viel für ihre Kindergartenplätze bezahlen. In Wien sind die Plätze wesentlich teurer als in der Steiermark. Während in einem Kindergarten der Stadt Wien etwa für einen Teilzeitplatz ohne Essen 155,25 Euro pro Monat zu berappen sind, kommen Eltern im Kindergarten der Gemeinde Krieglach mit 59,10 Euro pro Monat davon. Doch nicht nur in Bezug auf die Preise herrschen grobe Ungleichheiten. Die Qualität der Betreuung, aber auch die Öffnungszeiten unterscheiden sich zumal stark von Kindergarten zu Kindergarten. Während in Wien Ganztagsbetreuung genutzt werden kann, muss das Kind im Krieglacher Kindergarten am frühen Nachmittag abgeholt werden.

Bundesländer gehen wieder eigene Wege

Grund für diese Ungleichheit ist ein föderalistisches System - die Kindergärten sind Ländersache. Die Hoffnung, dass sich dies mit Änderung der Bundesverfassung, die derzeit in Begutachtung ist auch ändert, scheint vorerst unerfüllt zu bleiben.

"Mit der § 15a-Vereinbarung und mit der vorgegebenen Sprachstandserhebung wurde zwar ein wichtiger Schritt gesetzt, letztendlich bleibt es jedoch bei den Ländern, zu entscheiden, ob sie die Maßnahmen in der vom Unterrichtsministerium vorgeschlagenen Vorgehensweise durchführen. Es zeichnet sich bereits ab, dass die Bundesländer wieder ihre eigenen Wege gehen", kritisiert Gernot Rammer im Namen der Plattform Educare bei einer Pressekonferenz.

Dieser Ungleichheit hinsichtlich Kosten und Qualität bei der Elementarausbildung könne man nur durch die verfassungsmäßige Absicherung der Steuerkompetenz durch das Bildungsministerium absichern, so Rammer. Educare fordert deshalb die Entwicklung eines einheitlichen Bildungsplanes für ganz Österreich, in dem auch die Bildungsziele und Rahmenbedingungen im Elementarbereich festgelegt werden sollen. Raumressourcen, ein festgelegter Betreuungsschlüssel (Verhältnis zwischen KindergärtnerInnen und Kindern), Ausbildungsstandards für KindergartenpädagogInnen - idealerweise auf universitärem Niveau -, sowie die maximalen Kosten für einen Kindergartenplatz sollen darin etwa festgelegt werden.

Nur 50 Prozent der Zwei- bis Sechsjährigen im Kindergarten

Außerdem kritisiert Rammer, dass die Förderung für viele Kinder zu spät beginne. So wurden im Jahr 2006/2007 195.000 Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren in einem Kindergarten betreut. Die Bevölkerungsstatistik wies damals jedoch für diese Altersgruppe 404.700 Kinder auf. Das heißt, nur knapp die Hälfte aller Kinder in diesem Alter besuchten einen Kindergarten. Vor allem bei MigrantInnen und sozioökonomisch Benachteiligten seien Mängel in Bezug auf die Frühförderung, zu bemerken.

Die Arbeitslosen von morgen

Ebenfalls im Rahmen der Pressekonferenz sprach Alois Guger vom Institut für Wirtschaftsforschung über die Bedeutung der frühkindlichen Förderung für den Arbeitsmarkt. In der zukünftigen Arbeitswelt würden kognitive Fähigkeiten - die Gabe, Informationen rasch zu erfassen und umzusetzen - an Bedeutung gewinnen. Diese kognitiven Fähigkeiten würden schon in sehr früher Kindheit, etwa mit drei Jahren, festgelegt. "Die Kinder, die diese Fähigkeiten nicht entwickeln, werden die Arbeitslosen von morgen sein", sagte Guger.

Das Phänomen der Sozialvererbung - Kinder in Österreich erreichen vergleichsweise selten einen höheren Bildungsabschluss als ihre Eltern - müsse reduziert werden. Dazu müsse man auch Kindern aus bildungsfernen Schichten alle Möglichkeiten bieten, sich zu entwickeln. "Armut und soziale Vererbung gehen bei qualitativ hochwertigen Angeboten im frühkindlichen Bereich deutlich zurück", verwies Guger auf positive Beispiele, wie Dänemark, Schweden und Norwegen.

Wissenschaftliche Erkenntnisse nutzen

Dafür, dass die Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie auch in der Gesetzgebung berücksichtigt werden, plädiert Rosina Pulker vom Österreichischen Dachverband für Kindergarten- und HortpädagogInnen. Aus der Praxis berichtet sie: "Zu wissen, was alles möglich wäre, und zugleich die Grenzen aufgrund der Gruppengröße zu akzeptieren, ist schwer". Rahmenbedingungen müssten für das Kind und nicht für die Politik geschaffen werden. (Katrin Burgstaller, derStandard.at, 21. Mai 2008)