Wien - Gesundheitsexperten erwarten durch die jetzt von der Regierung geplante Reform zur Sanierung der Krankenkassen auch einen zunehmenden Druck auf die Länder für eine Spitalsreform. Die beiden Gesundheitsökonomen Christian Köck und Ernest Pichlbauer begründeten im Gespräch mit der APA diese Einschätzung damit, dass sich mit der Reform die Zahl der niedergelassenen Ärzte verringern werde und die Patienten deshalb verstärkt in die Spitäler gehen würden. Das wiederum werde für die Länder als Spitalserhalter Mehrkosten bedeuten. Mit der Richtung der nun in Begutachtung befindlichen Reform sind beide Experten grundsätzlich einverstanden, auch wenn sie sich größere Schritte vorstellen hätten können.

Die geplante Befristung der Kassenverträge der Ärzte auf fünf Jahre ist für Köck "ein Hebel für die Kassen, um die Länder an den Verhandlungstisch zu zwingen". Insofern sei dieser Plan auch "ein entscheidender Punkt". Ob der finanzielle Druck auf die Länder noch vor dem Auslaufen des Finanzausgleichs 2013 so groß werden könnte, dass schon früher Verhandlungen über die Spitalsreform zustande kommen, darüber wollte sich Köck kein Prognose erlauben. Auch Pichlbauer erwartet, dass die Kosten in den Spitäler "explodieren" und die Spitalsreform "brutalst erzwungen" werde.

Grundsätzlich vermisst Pichlbauer eine umfassendere Reform. "Es fehlt der große Gedanke", man sollte "das gesamte System in einem Guss reformieren". Das Gesundheitswesen ruhe auf fünf Säulen: Prävention, Akutversorgung, Rehabilitation, Pflege und Palliativ-Medizin. Mit der jetzigen Reform werde nur die Akutversorgung und hier nur der niedergelassene Bereich angegangen, bemängelte Pichlbauer.

"Null Bewegung" seit 25 Jahren

Deutlich positiver sieht das Köck. Auch er gesteht zu, dass es "nicht der ganz große Wurf auf einmal" sei und hätte es begrüßt, wenn die Spitalsreform jetzt schon gekommen wäre. Er ist sich aber bewusst, dass eine Gesundheitsreform ein "langer Prozess" sei, bei dem man Geduld haben müsse. Er beschäftige sich schon seit 25 Jahren mit diesen Themen und seit 25 Jahren habe sich "Null bewegt". "Jetzt beginnt sich etwas zu bewegen - und zwar wesentliche Punkte in die richtige Richtung", sagte Köck. Das Vertragsrecht, die Patientenquittung und die Aut-Idem-Regelung seien "alles Bausteine in die richtige Richtung".

Jenen, die die jetzt geplanten Maßnahmen ablehnen, weil es nicht die große Reform sei, unterstellt Köck, dass sie "ein Totschlagargument" gebrauchen und versuchen, das gesamte Thema abzuwürgen. Diese Kritiker würden übersehen, dass die Menschen mit geringem Einkommen, jene, die das System am meisten brauchen, "als erste durch das Netz fallen werden", wenn das System an die Grenzen seiner Finanzierbarkeit stoße. Die Ärztekammer wäre nach Ansicht Köcks "gut beraten", jetzt konstruktive Vorschläge zu machen. Dass nun viele Dinge auf dem Tisch liegen, die aus der Sicht der Ärzte unzumutbar seien, habe sich die Ärztekammer selbst zuzuschreiben, weil sie bisher immer nur nach mehr Geld gerufen habe. Pichlbauer meinte, dass vieles an der Kritik grundsätzlich berechtigt sei, er unterstellt aber Eigeninteressen des Machterhalts als Motiv dafür. (APA)