Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie bitte die Packungsbeilage oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker - normalerweise. Ab dem 16. Juni bleibt Ihnen als ratsuchender österreichischer Patient für drei Tage der Beipackzettel allein. Der gemeinsame Befund der heimischen Ärzte über die jüngst beschlossene Gesundheitsreform ist schlecht ausgefallen. So schlecht, dass man dem Reformpapier bereits nach einer kurzen Erstdiagnose jegliche Überlebenschance abgesprochen hat. Auf "Therapiemaßnahmen" etwa in Form konkreter Änderungsvorschläge scheint man vonseiten der Ärztevertreter bewusst zu verzichten.

Man hat sich vielmehr für das große Säbelrasseln entschieden. Während der EURO '08 wollen die niedergelassenen Ärzte Stethoskop und weißen Kittel an den Nagel hängen. Man wechselt beleidigt auf die Reservebank und pfeift damit ganz offensichtlich lauter als jeder EURO-Schiri auf die Patienten. Ein kleiner Auszug aus dem Mediziner-Fachjargon der letzten Woche gefällig: Die Auswirkungen des Streiks auf den Patienten seien "Nebenwirkungen", drei Tage "deutlich zu wenig", ein "unbefristeter Streik" deutlich mehr. Vor allem im ländlichen Raum, wo die Ärztedichte auch ohne Streik löchrig wie ein Schweizer Käse ist, wird man sich über die "Auszeit" ganz besonders freuen.

Über das Zustandekommen der Reform lässt sich zu Recht diskutieren. Weitreichende Veränderungen auszuarbeiten, ohne die Beteiligten entsprechend zu involvieren, kann nur Kritik hervorrufen - da hilft auch kein "Bussi, Bussi" bei der Präsentation. Den Ärger jetzt aber am Rücken der Patienten auszutragen sichert den "Göttern in Weiß" die rote Karte. (DER STANDARD, Printausgabe, 23.5.2008)