Investoren-Projekte beherrschen das Zentrum.

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Klagenfurt - Vorgestern, Mittwoch, wurde in Klagenfurt die Fertigstellung des Neuen Platzes gefeiert. Durch die Sanierung von Architekt Boris Podrecca gab man dem Lindwurm ein aufgefrischtes Zuhause - und den Klagenfurtern ein weiteres, seltenes Puzzlestück neuen Bauens. Podrecca selbst spricht von einem "Salon" und wünscht den Bürgern, sie mögen sich in diesem künftig sehr wohl fühlen. Tiefbaureferent Stadtrat Franz Kogler bezeichnete das Projekt gar als "Jahrhundertereignis". Und so unrecht hat er nicht. Zeitgenössisches Bauen ist in der 92.000-Einwohner-Stadt nämlich nichts Alltägliches.

"Wahrscheinlich ist Kärnten so schön und der Fasching so lustig, dass die Kärntner keine Zeit mehr für Architektur übrig haben", sagt der Schriftsteller und Architekturschreiber Friedrich Achleitner. Und auch Ulli Sturm, Künstlerin und ehemalige Geschäftsführerin des Kunstvereins Kärnten, beklagt: "Ein Bekenntnis zur Architektur existiert in Klagenfurt kaum, und ein Bemühen um qualitätsvolle moderne Architektur gibt es schon gar nicht."

"Doch, die gibt es", entgegnet Bürgermeister Harald Scheucher (ÖVP) und nennt einige markante Projekte der vergangenen zehn Jahre: die durchaus gewagte Erweiterung des Stadttheaters Klagenfurt durch Günther Domenig (1998), die Zentrale der Hypo Alpe-Adria-Bank vom kalifornischen Architekten Thom Mayne (2002) und nicht zuletzt die eben fertiggestellte Wörthersee-Arena von Albert Wimmer. Ungeklärt ist bis heute, ob das Stadion nach der EURO 2008, wie ursprünglich vorgesehen, rückgebaut wird oder nicht. Scheucher: "Ich könnte mir nach den Europameisterschaften eine Volksabstimmung oder auch eine Volksbefragung vorstellen." Sollte das Stadion erhalten bleiben, sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) allerdings unverzichtbar.

City-Arkaden

Das größte Bauprojekt der vergangenen Jahre ist der Neubau der City-Arkaden, eröffnet im März 2006. Die deutsche Einkaufscenter Entwicklungsgesellschaft (ECE), Projektentwicklerin von diversen innerstädtischen Einkaufszentren in Deutschland, feierte in Klagenfurt ihr Österreich-Debüt und setzte direkt an den St. Veiter Ring ein Shopping-Center von gewaltigem Ausmaß (Investitionskosten rund 170 Millionen Euro). "Von außen wirken die City-Arkaden aber sehr klein", so Bürgermeister Scheuch. Tatsächlich: Von der Innenstadt kommend, tritt der historisierende Neubau mit schmucker Fassade und hübschem Portal bescheiden auf. Doch dahinter ragt ein vielgeschoßiges Gebäude mit 30.000 Quadratmetern vermietbarer Geschäfts- und Gastronomiefläche auf. Insgesamt beherbergen die City-Arkaden an die 120 Shops.

"Den Investoren wird in dieser Stadt Tür und Tor geöffnet", sagen die beiden Architekten Gerfried Ogris und Ralf Wanek, "es scheint, als gäbe es für sie keinerlei Restriktionen. Wenn die Politik stark genug gewesen wäre, dann wäre in dieser Lage niemals so ein EKZ entstanden." Die jungen Architekturbüros in der Stadt sind sich darin einig, dass hier die Aufgabe von Stadtplanern und Architekten nicht ordentlich wahrgenommen worden sei.

"Wir haben den Wörthersee"

Klagenfurter Geschäftstreibende beklagen bereits die Abwanderung von Kaufkraft. In der Bahnhofstraße, einst zentrale Einkaufsstraße der Stadt, müssen die Geschäfte zum Teil Umsatzrückgänge von 25 bis 45 Prozent hinnehmen. "Ja, die Bahnhofstraße fällt jetzt stark zurück, das muss man offen sagen", gesteht Scheuch. Warum die Politik dann das Grundstück für 30.000 Quadratmeter Verkaufsfläche widmete, anstatt Projekte für die aussterbende Innenstadt zu lukrieren, bleibt ein Rätsel. Die Entwicklung des Klagenfurter Zentrums sei umso bedauerlicher, meinen Architekten, als hier einst, 1961, die erste Fußgängerzone Österreichs geschaffen wurde.

Etwas entspannter sieht die Sache Dietmar Müller, Geschäftsführer von Kärntens Haus der Architektur, besser bekannt auch als "Napoleonstadel". Müller sagt: "Die Stadt ist gar nicht so schlecht, es tut sich einiges. Aber im Endeffekt wird Klagenfurt immer eine Freizeitstadt bleiben. Wir haben den Wörthersee. Sonst gibt's nicht viel zu sagen." (Wojciech Czaja/DER STANDARD – Printausgabe, 23.5.2007)