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Brian Laudrup stemmte die Coupe Henri Delauney, um dann seinen Urlaub fortzusetzen.

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Manches Mal wäre es auch für Fußballspieler von Vorteil, fleißig zu lesen und emsig die alten Mären zu studieren, in denen allerhand geseit wird von wundertätigen und reichtumverwaltenden Zwergen, denen da und dort im Alpenraum auch der schöne Name "Venedigermandl" angeheftet worden ist.

In der modernen Perspektivverkürzung meint "Ein Märchen ist wahr geworden" ja bloß die Erfüllung eines unerfüllbar scheinenden Wunschtraums. Der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft blieb es überlassen, ein für alle Mal die gesamte Tiefe des Märchens auszuloten. Ihr erschien im September 1990 - es war die erste Runde der EM-Qualifikation für 1992 - der traditionell gewandete, also zipfelbehaubte Zwerg in seiner eigentlichen Gestalt als memento mori.

Jens Martin Knudsen, der bemützte Tormann, wurde zum einprägsamen Logo österreichischer Ballesterei. Im ersten internationalen Bewerbsspiel der Geschichte schlugen die Färinger das hochfavorisierte Österreich 1:0. Das war der Auftakt zur blamabelsten EM-Qualifikation Österreichs (ein Sieg gegen die Färinger im Heimspiel, ein 0:0 gegen Nordirland).

Als also die UEFA das gruppenbeherrschende Jugoslawien wegen der Sezessionskriege von der Endrunde ausschloss, rückte der Gruppenzweite Dänemark nach. Und die Dänen erlebten in Schweden die andere, hellere Märchendimension: die eines Sommernachtstraums. Auch das, quer über den Kontinent getragen von den Troubadouren aus Funk und Print.

Direkt aus dem Urlaub habe man sie gerufen, die Recken rund um Kapitän Lars Olsen, Kopf Brian Laudrup und Torschützenkönig Henrik Larsen. Während andererseits zum Beispiel die Deutschen, bekannte Recken auch sie, schon Wochen zuvor zu den gewohnten Waffenübungen befohlen worden seien. Zum Märchencharakter der Endrunde 1992 in Schweden trug dann auch der Verlauf bei, der am 26. Juni in Göteborger Ullevi-Stadion zum Showdown, zum High Noon, sich spitzte.

Die Dänen erliefen sich an diesem Tag den Ruf, beinahe so leichtfüßig und verspielt wie europäische Südländer zu sein. Die Deutschen hatten dem nichts entgegenzusetzen als faustisch heißes Bemühen. Und es wäre gelogen, zu sagen, Europa hätte das nicht mit Genuss und Belehrung mitverfolgt. Selbst in Österreich herrschte Schadenfreude. Und vielleicht ist sogar Ivica Osim, Coach des wahrscheinlich besten jugoslawischen Teams der Geschichte, ein Schmunzeln ausgekommen.

Ach ja: Österreichs Teamchef beim 0:1 gegen die Färinger hieß - ja: Josef Hickersberger. (Wolfgang Weisgram - DER STANDARD PRINTAUSGABE 9.5. 2008)

Finale: Dänemark - Deutschland 2:0 (1:0) Halbfinali: Schweden - Deutschland 2:3 (0:1); Niederlande - Dänemark 2:2 (1:2), 4:5 Elfmeter Österreich und die Schweiz in der Qualifikation out