Der Kurs des Euro ist am Freitag trotz schwacher Konjunkturzahlen aus der Eurozone gestiegen. Die europäische Gemeinschaftswährung wurde am Nachmittag mit 1,5753 Dollar gehandelt. Im frühen Handel hatte der Euro noch zeitweise knapp unter 1,57 Dollar notiert. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,5742 (Donnerstag: 1,5755) Dollar fest. Der Dollar kostete 0,6352 (0,6347) Euro.

"Die eher enttäuschenden Konjunkturdaten aus der Eurozone haben den Euro nicht belastet, da in der Eurozone keine Zinssenkung zu erwarten ist", sagte Stephan Rieke, Devisenexperte bei der BHF-Bank. Der Einkaufsmanagerindex für die Eurozone war im Mai stärker als erwartet unter Druck geraten. Vor allem die Erwartungen im Dienstleistungssektor trübten sich merklich ein. "Die in der kommenden Woche erwartet erneut hohen Inflationszahlen in der Eurozone dürften jedoch eine baldige Leitzinssenkung in der Eurozone verhindern", sagte Rieke. Der anhaltende Anstieg der Rohöl- und Rohstoffpreise sollte den Preisdruck aufrecht erhalten.

"Zudem haben auch die Kursverluste an den Aktienmärkten den Dollar belastet und den Euro gestützt", sagte Rieke. Dieser Zusammenhang sei zuletzt öfters zu beobachten gewesen. Die am Nachmittag veröffentlichten Daten vom US-Immobilienmarkt hätten den Devisenmarkt kaum bewegt. Der Rückgang der Verkäufe bestehender Häuser habe das Bild einer anhaltenden Krise bestätigt. Ein Rückgang sei jedoch zuvor erwartet worden.

Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,79440 (0,79405) britische Pfund, 162,97 (162,71) japanische Yen und auf 1,6175 (1,6194) Schweizer Franken fest. Die Feinunze Gold wurde in London mit 927,50 (922,75) Dollar gefixt. Der Kilobarren kostete 18.900 (18.830) Euro.

Wirtschaft leidet

Die Euro-Stärke und die Finanzmarktkrise setzen dem Aufschwung in der Euro-Zone immer stärker zu. Der Dienstleistungs-Sektor näherte sich im Mai mit 50,6 Zählern nach 52,0 Punkten im April überraschend deutlich der Stagnation, wie aus dem am Freitag vorgelegten RBS/NTC-Einkaufsmanagerindex hervorgeht. Von Reuters befragte Volkswirte hatten nur mit einer leichten Abkühlung auf 51,7 Punkte gerechnet.

Auch dem Industriewachstum geht allmählich die Puste aus: Es lag im Mai mit 50,5 (April: 50,7) nur noch knapp über der Stagnationsmarke von 50 Punkten. Der am Freitag vom britischen Forschungsinstitut NTC vorgelegte Index basiert auf einer Umfrage unter mehreren tausend Unternehmen.

Schrumpfendes Auftragsvolumen

Der Industrie-Sektor kämpft nun bereits den zweiten Monat in Folge mit rückläufigen Aufträgen: Wie im Vormonat signalisierte der entsprechende Index-Wert mit 48,6 Punkten ein schrumpfendes Auftragsvolumen. Insbesondere die Bestellungen aus dem Ausland gingen weiter zurück. Die Dienstleister liegen bei den Orders zwar noch im Wachstumsbereich, doch nähern sie sich mit 50,5 Zählern ebenfalls der Schrumpfungszone.

Der RBS/NTC-Composite-Index, der Industrie und Dienstleister zusammenfasst, fiel auf auf 51,1 von 51,9 Zählern. Die vorläufigen Daten liefern knapp zwei Wochen vor Bekanntgabe der endgültigen Einkaufsmanagerindizes und damit früher als andere Indikatoren einen ersten Überblick über den Konjunkturverlauf. Die endgültigen Daten werden Anfang Juni veröffentlicht.

Im ersten Quartal war die Wirtschaft in der Euro-Zone noch um 0,7 Prozent gewachsen. Für die Folgemonate wird aber mit einer Abkühlung gerechnet. Der starke Euro, das teure Öl und die schwächere Weltkonjunktur belasten die Entwicklung der Wirtschaft zunehmend. (APA/Reuters)