Auch in Schmuckarbeiten der WW dominierte um 1900 das florale Element.

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Mit über 76 Objekten aus dem Wiener-Werkstätte-Archiv und anderen Beständen des MAK – darunter Entwurfszeichnungen von Koloman Moser und Josef Hoffmann, von der Wiener Werkstätte ausgeführte Vasen, Schmuckstücke, Stoffe, Lederarbeiten – beleuchtet die Ausstellung "Im Wandel" den Umgang der KünstlerInnen mit dem Thema Pflanze in abstrahierter, naturalistischer oder stilisierter Form.

Die 1903 nach dem Vorbild des englischen Arts and Crafts Movement von Josef Hoffmann, Koloman Moser und dem Industriellen Fritz Waerndorfer gegründete Wiener Werkstätte hatte sich zum Ziel gesetzt, das Kunstgewerbe zu reformieren und Wien als Zentrum geschmacklicher Kultur zu etablieren. Ein Anstoß für die Gründung der WW war die Ablöse des manuellen Kunsthandwerks durch die zunehmend maschinengefertigte Erzeugung von schmucklosen Gebrauchs- und Ziergegenständen, die im Zuge des gegen Ende des 19. Jahrhunderts einsetzenden technischen Aufschwungs stattfand.

Erneuerung des Kunstbegriffs

Angesichts dieser Krise verstand sich die Wiener Werkstätte als Gegenentwurf und arbeitete an einer Erneuerung des Kunstbegriffs, der den gesamten Lebensbereich des Menschen in eine Art Gesamtkunstwerk einbezog. Exquisite handwerkliche Verarbeitung und Qualität von Alltags- wie auch Schmuckgegenständen stand auf dem Programm.

Mit einer verstärkten Hinwendung zum Naturalismus versuchte die WW diese Reformen des Kunsthandwerkes umzusetzen, zumal bereits während des gesamten 19. Jahrhunderts Interesse an vegetabilen Naturformen bestanden hatte. Vorreiter wie die Architekten Owen Jones (1809–1874) und Gottfried Semper (1803–1879) sowie die Entwerfer Christoph Dresser (1834–1904) oder William Morris (1834–1896) ließen bereits botanische Erkenntnisse und Vorlagen in ihre Entwürfe einfließen und das japanische Stilelement, vor allem die Beherrschung der Flächenkunst, hatte zu dieser Zeit längst Eingang in die europäische Kunst gefunden.

In Wien waren diese Einflüsse vor 1900 in Stoffentwürfen sowie im Buchschmuck, vor allem für die Zeitschrift Ver Sacrum, zu sehen. Zahlreiche Druckgrafiken von Josef Hoffmann und Koloman Moser belegen, dass beide in frühen Entwürfen zunächst noch sehr naturalistisch anmutende Pflanzenformen verwendeten. Erst gegen 1900 wurden die floralen Ornamente zunehmend stilisierter und abstrakter. Als Inspiration für diese Formen dienten Vorlagenwerke, wie z.B. Owen Jones’ The Grammar of Ornament, das das englische Arts and Crafts Movement wie auch den internationalen Jugendstil stark beeinflusste, ebenso wie Konvolute mit Naturstudien, die u.a. Stilisierungsvarianten anführten.

Naturalistisches Schmuckdesign

Auch in Schmuckarbeiten der WW dominierte um 1900 das florale Ornament. Waren sie anfangs noch stilisiert und abstrakt, streng geometrisch in der Form, wandte sich etwa Kolo Moser ab 1905 wieder naturalistische Formen zu und kreierte die Glockenblume oder das Herzblatt, im Jahr 1906 das naturalistische Kleeblatt oder das stilisierte Efeumuster. Josef Hoffmann entwarf 1909 Blumen- und Eduard Josef Wimmer-Wisgrill 1910 Rosenmuster als Reihen-muster für verschiedene Gebrauchsgegenstände, die abwechselnd bei ein- und demselben Gerätetypus in edlem und unedlem Metall eingesetzt wurden.

Ab den 1910er Jahren setzten die KünstlerInnen der WW naturalistische Ornamentformen vermehrt für Stoffentwürfe ein, die besonders Dagobert Peche prägte. Blattmotive, in Lanzettformen spitz zulaufend, sind charakteristisch für seine Entwürfe und stellen den Höhepunkt dar.

Die Ausstellung bietet einen Überblick über die vielen verschiedenen Erzeugnisse der Wiener Werkstätte, die florale Ornamentik aufweisen. Darüber hinaus werden originale Vorlagenwerke, die sich mit Pflanzen beschäftigen, ebenso wie das Thema illustrierende Seiten aus Ver Sacrum gezeigt. (red)