Wer aus der Steiermark nach Slowenien kommt, wähnt sich weiter in Österreich. Nicht nur der Landschaft, sondern auch der Hinweisschilder wegen: Billa, Hofer, OMV, Erste Bank und andere vertraute Marken. Man stelle sich das umgekehrt vor. Supermarktketten oder Banken mit slowenischen Namen. In Österreich.

Aber so weit würde es ja nicht kommen: Wenn ein österreichisches Unternehmen zum Verkauf ansteht, dann kommt es zu einer patriotischen Aufwallung: Das war so bei der Voest, bei der Telekom und bei der angepeilten Fusion OMV/Verbund, die der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser damit begründete, dass "die österreichische Wasserkraft österreichisch bleiben" müsse. Inzwischen gehört Grasser als Politiker der Vergangenheit an, und die Fusion haben die Landeshauptleute platzen lassen. Inzwischen will die OMV die ungarische MOL übernehmen und bekommt just den Patriotismus der Nachbarn zu spüren.

Auch in Österreich wird wieder die Patriotismuskeule geschwungen. Als Airline-Chef Alfred Ötsch im Standard-Interview darlegte, er könne sich einen "Verkauf einer Mehrheit" vorstellen, gingen die Wogen in der Politik und im Boulevard hoch. "Was ich will, ist eine rot-weiß-rote Fluglinie, eine rot-weiß-rote Heckflosse und die Sicherung des Standortes", stellte Vizekanzler Wilhelm Molterer klar. Kanzler Alfred Gusenbauer teilte mit: "Die Bundesregierung geht davon aus, dass die AUA ein österreichisches Unternehmen bleibt." Verkehrsminister Werner Faymann im kürzeren Boulevard-Stil: "Die AUA muss österreichisch bleiben."

Der Politiker-Patriotismus grenzt die Realitäten aus: Der anhaltend hohe Kerosinpreis und die Nachwirkungen der Terroranschläge bringen Fluglinien in Turbulenzen. Kleinere nationale Airlines, denen es mehr recht als schlecht ergeht, geraten unter Druck. Beispiele: die italienische Alitalia und die spanische Iberia. Die französische Air France und die niederländische KLM haben schon fusioniert.

Dass es in diesem Umfeld ausgerechnet der AUA gelingen sollte, auf Dauer selbstständig zu überleben, glaubt inzwischen nicht einmal mehr Ötsch. Die Vorstellung einer rein österreichischen Präsenz am Himmel gehört der Vergangenheit an.

Die Schweizer Fluglinie Swiss – früher Swissair – wäre längst abgestürzt, wenn die deutsche Lufthansa diese nicht übernommen hätte. Auch in der Schweiz war die öffentliche Stimmung lange Zeit gegen einen Einstieg der Deutschen. Als es nur noch um die Überlebensfrage ging, sprachen sich im März 2005 dann doch 53 Prozent der Schweizer für einen Verkauf der Swiss an die Lufthansa aus.

Im Vorjahr flog die Swiss einen Betriebsgewinn von einer halben Milliarde Franken (309,5 Millionen Euro) ein. Zum Vergleich: In den beiden Jahren vor der Übernahme betrug der Reinverlust der Swiss 821 Millionen Franken (508,2 Millionen Euro). Die AUA kann aus der Swiss-Übernahme Lehren ziehen und – noch – Bedingungen stellen, egal mit wem sie verhandelt: etwa was die Position des Flughafens Wien betrifft. Das ist legitim: Wien und Niederösterreich halten am Flughafen Wien jeweils 20 Prozent. Mit der emotionalen Melange aus Nationalstolz, Solidarität und vermeintlicher Staatsräson helfen Politiker der AUA nicht. Dass alle österreichischen Unternehmen österreichisch bleiben können, ist eine Illusion und nicht mehr aufrechtzuer halten. Warum sollten sich nicht auch ausländische Unternehmen für hiesige interessieren, so wie österreichische Firmen und Banken im Ausland präsent sind? (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23./24.5.2008)