In einer wohl nicht allzu fernen Zukunft steht die Menschheit vor dem Problem, die Energiekrise lösen zu müssen. Eine Möglichkeit, die Vulkane am Boden des Ozeans anzuzapfen, scheint zu funktionieren. Nur, wem kann man zumuten, in den engen, geothermischen Überwachungsstationen in tausenden Metern Tiefe zu arbeiten? Menschen, die sozial inkompatibel sind, werden für die Gesellschaft nützlich gemacht. Man konstruiert Psychopathen um, baut ihnen Prothesen ein, die das Atmen unter Wasser erlauben, und schickt sie hinunter in die Dunkelheit. Aber die halbmenschlichen Versuchskaninchen entwickeln seltsame Angewohnheiten. Statt unter der Isolation und der unheimlichen aquatischen Außenwelt zu leiden, ziehen es immer mehr Stationsmitglieder vor, dauernd auf dem Grunde des Meeres zu schwimmen. Allmählich entziehen sich diese Geschöpfe der Kontrolle der Oberwelt. Peter Watts war, bevor er sich dem Schreiben zuwandte, Unterwasserbiologe, und das merkt man. Seine Beschreibungen der bizarren Tiefseegeschöpfe sind von überzeugender Plastizität. Die instabilen geologischen Gegebenheiten der Riftzone werden kenntnisreich dargelegt, und die dramaturgisch unumgängliche Bedrohung der Menschheit kommt diesmal nicht von einem Seeungeheuer. Biologisch stimmig und detailreich bleiben einem Watts' Bilder im Gedächtnis. Statt der Weiten des Weltraums, die Weiten der Ozeane: in diesem Fall ein überzeugender Kulissenwechsel, sogar mit Quellenangaben. (Ingeborg Sperl / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25.5.2008)