er nicht alt werden will, muss sich jung aufhängen - sonst riskiert er, in jener Albtraumgesellschaft zu erwachen, die Ernst Brauner in seinem Roman Struldbrugs heraufdämmern sieht: "Arbeit macht jung" steht über den Vernichtungslagern, in denen - in einer nicht völlig unwahrscheinlich wirkenden Zukunft in "den ersten Jahrzehnten des dritten Jahrtausends" - der Greisenüberschuss zynisch entsorgt wird. Protagonist des sprachlich konventionellen, aber viele Haken schlagenden Romangeschehens ist Hermann ("Heri-Mann", ein Mann von gestern), ein Ex-Journalist, der sich ins Mühlviertel zurückgezogen hat, und den die Unsterblichkeit zum geeigneten Langzeit-Chronisten für den Verfall von Körpern und gesellschaftlichen Sitten macht. Die "Struldbrugs" des Buchtitels sind ein missvergnügt dahinvegetierendes Volk von Unsterblichen, denen Swifts Gulliver auf seinen Reisen begegnet, und auch sonst hat Ex-Verlagsmanager Brauner, Jg. 1928, etliche literarisch-mythologische Reflexionen über Altsein, Sterben und Nicht-Sterben-Können eingearbeitet: Von Ahasver, dem ewigen Juden ist die Rede, von Ciceros "De Senectute", von Philemon und Baucis. Dass die Liebe das Welken des Fleisches überdauern kann, tröstet wenig über die Härten der angeblich goldenen Jahre hinweg: Für Feiglinge ist das Alter nichts - und Brauners implizite Warnung vor einer Gesellschaft, die der Massenüberalterung mit inhumanen Mitteln begegnet, klingt plausibler als uns lieb sein kann. (Christoph Winder / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25.5.2008)