Vor allem beim Bodenbelag greifen immer mehr Leute zum naturbelassenen Produkt. Das Angebot an ökologischen Produkten auf dem Markt ist reichhaltig. Gang und gäbe sind bereits Farben und Lacke auf Wasserbasis statt auf Basis von Acryl oder anderen Kunststoffen

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Auch der Wohnbereich lässt sich ökologisch adaptieren. Die Möglichkeiten reichen vom Tapetenwechsel bis zum grünen Strom. Wohnexperten führen durch die Angebotsvielfalt - Von Wojciech Czaja und Anne Isopp

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Im Supermarkt greifen wir zu Äpfeln aus heimischem Anbau, zu Biojoghurt und zum Schnitzel vom glücklichen Rind. Was uns bei der Nahrung wichtig ist, muss aber noch lange nicht fürs Wohnen gelten. "Von gesunden Baustoffen und ökologischen Materialien im Wohnbereich haben viele Leute keine Ahnung", klagt der Wiener Architekt Martin Rührnschopf, der auf nachhaltiges und ressourcenschonendes Bauen spezialisiert ist. "Tatsache ist, dass sich natürliche Materialien auf das Raumklima und auf die Stimmung im Raum ganz anders auswirken als synthetische Werkstoffe."

Biojoghurt zu schlemmen und auf Schuhen, die atmen, durch die Stadt zu spazieren verträgt sich mit dem Wohnverhalten der Österreicher nicht. Viele leben in Wohnungen mit absolut luftdichten Fenstern, haben Möbel aus Holzwerkstoffen statt aus Holz und bewegen sich auf einem Parkettboden, der mit Kunststofflack porendicht verschlossen ist.

Farben, Lacke und Bodenbelag

Die Möglichkeiten der ökologischen Wohnraumadaptierung sind vielfältig und reichen vom Einsatz natürlicher Bau- und Werkstoffe bis hin zum Umstieg auf alternative Energieversorgung. Das Angebot auf dem Markt ist reichhaltig. Gang und gäbe sind bereits Farben und Lacke auf Wasserbasis statt auf Basis von Acryl oder anderen Kunststoffen.

Vor allem beim Bodenbelag greifen immer mehr Leute zum naturbelassenen Produkt. "Im Privatbereich bauen wir in neun von zehn Wohnungen bereits geölte Holzböden bzw. Parkettböden mit einer Holz-Wachs-Oberfläche ein", erzählt Bogdan Pisarek, Geschäftsführer der Intarsia Edelholzböden GmbH. "Lacke auf Kunststoffbasis werden kaum noch nachgefragt, und wenn, dann klären wir unsere Kunden über die Alternativen auf."

FSC-Zertifikat

Wichtiger als die Behelfsstoffe Öl, Wachs und Klebemittel ist jedoch das Trägermaterial selbst. "Man sollte unbedingt darauf achten, woher das Holz stammt", so Pisarek. Eines der strengsten Qualitätsmerkmale weltweit ist das sogenannte FSC-Zertifikat (Forest Stewardship Council) von Greenpeace. Dieses stellt sicher, dass die Forstunternehmen die erwirtschaftete Fläche in zumindest gleichem Ausmaß wieder aufforsten.

Falsche Anwendung

Eine fachgerechte Beratung über die Öko-Produkte ist notwendig, denn nicht in jedem Fall ist der Umstieg auf natürliche Materialien zu empfehlen. "Bei uns häufen sich bereits die Anfragen hinsichtlich massiver Raumluftprobleme nach Anwendung von natürlichen Oberflächenbeschichtungen auf Leinöl- oder Lösungsmittelbasis - meist nach falscher Anwendung", heißt es beim Österreichischen Institut für Baubiologie und Bauökologie (IBO).

Autarke Energieversorgung

Definitiv keine körperlichen Beschwerden verursacht der Umstieg auf ökologische Energieversorgung. Je nach Wohnumfeld und baulichen Gegebenheiten kann man sich autark oder nahezu autark versorgen. Hier gibt es eine starke Tendenz zu Nawaro, also zu nachwachsenden Rohstoffen. Die Energielieferanten sind Windkraft und Erdwärme, besonders verbreitet ist hierzulande Solarenergie.

Einfacher Umstieg auf Ökostrom

Bewohner von Wohnungen müssen sich anders behelfen, wenn sie ihren Energiebedarf mit Ökostrom decken wollen: Für sie gibt es nur den Umstieg auf einen anderen Energieanbieter. Keineswegs konsumiert man dann ausschließlich Öko-Strom. Man trägt nur dazu bei, dass eine gewisse Menge an Ökostrom ins allgemeine Netz eingespeist wird. Es bedarf keiner neuen Leitung, sondern nur eines neuen Vertrags. Der Netzbetreiber bleibt ebenfalls gleich. Öffentliche Stromversorger sind nämlich dazu verpflichtet, ihr Netz anderen Anbietern zur Verfügung zu stellen.

Ökolacke manchmal sogar billiger

Wie im Supermarkt ist meist auch im Wohnbereich alles teurer, wo "Bio" draufsteht. Nur die Schwankungsbreite ist größer. Maßnahmen im Bereich der Haustechnik sind kostspielig und nur langfristig rentabel. Grüner Strom kostet gerade einmal ein paar Euro mehr im Monat. Und gesunde Lacke und Farben gibt es in den meisten Fällen um den gleichen Preis wie das künstliche Zwillingsprodukt - oder sogar billiger. (Wojciech Czaja, Anne Isopp/DER STANDARD Printausgabe 25.5.2008)