Wer aus Schreiben einen Beruf machen will, kann nun zumindest mit dem Studium der Sprachkunst ab Herbst 2009 einen ersten Schritt in die Richtung setzen.

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Gibt man in einer Internetsuchmaschine den Begriff "Schreiben" ein, bekommt man eine lange Liste an Angeboten: "Wollen Sie Schriftsteller werden?" oder "Träumen Sie davon einen Roman zu schreiben?", heißt es da. In Buchgeschäften scheinen die Regale mit Ratgebern für kreatives Schreiben beinahe täglich zu wachsen. Jeder könne schreiben lernen, das ist der Grundtenor. Auch in Österreich kann ab nächsten Wintersemester Sprachkunst studiert werden. "Dieser Ansatz widerspricht dem alten Geniebegriff. Schreiben ist in der Tat lehrbar, Schreiben ist Handwerkszeug", meint auch Wissenschaftsminister Johannes Hahn anlässlich der Präsentation des neuen Studiums. "Von der Begabung allein kann heute keiner leben"

"Für mich ist die Aufwertung durch den akademischen Abschluss ungeheuer wichtig. Nur von der Begabung alleine kann heute kein Schriftsteller in Österreich mehr leben", sagt Hahn. Im Oktober 2009 beginnt der dreijährige Bachelor-Lehrgang, wofür an der Universität für Angewandte Kunst ein eigenes Institut mit Professur errichtet wird. Das Lehrpersonal wird ausschließlich aus AutorInnen rekrutiert werden. Pro Jahrgang werden rund 15 Studierende aufgenommen, die durch eine Zulassungsprüfung ermittelt werden.

Die AbsolventInnen können sich Bachelor of Arts (BA) nennen. Ob nach dem Bachelor ein Masterstudium angehängt wird, soll entschieden werden, wenn der erste Jahrgang in der Hälfte der Ausbildung angelangt ist.

"Kulturpolitisches Bekenntnis"

Gerald Bast, Rektor der Angewandten, sieht in der Errichtung des Sprachkunst-Studiums "ein kulturpolitisches Bekenntnis der Politik zu Österreich als kulturellem Standort." Bast erklärt die Grundlagen des Studiums und warnt vor falschen Erwartungshaltungen: "Wesentlich ist uns, dass es sich dezidiert um ein künstlerisches Studium handelt, das kein Beiprodukt der Literaturwissenschaft ist." Lyrik und Prosa, sowohl klassische als auch experimentelle, Biografien, Reiseberichte, Drehbücher, Hörspiele und Radiotexte werden unter anderen Gattungen im Lehrplan Platz finden, der noch bis Herbst endgültig ausgearbeitet wird.

Internationale Vorbilder

Überlegungen für eine akademische Ausbildung zur Sprachkunst in Österreich reichen bis in die frühen 90er Jahre zurück. Vorbilder gibt es bereits einige, auch im deutschsprachigen Raum, wie zum Beispiel das in den 1950er Jahren gegründete Deutsche Literaturinstitut Leipzig und international das in den 1960er Jahren entstandene International Writing Programm an der University of Iowa (USA).

IG Autoren will keine verschulten Autoren

"Das Studium kann schon aus dem Grund nicht weit genug gehen, da kaum Kontakt mit anderen literarischen Einrichtungen gesucht wurde. Es ist ein bezeichnendes Statement, dass uns das Projekt in dieser From weder von der Angewandten noch vom Wissenschaftsministerium präsentiert wurde", meint Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autoren. Er begrüße aber prinzipiell das neue Angebot der Universität für Angewandte Kunst: "Es spricht nichts gegen eine Ausbildung in diesem Bereich, nur gegen eine ästhetische Standardisierung."

Daher hatte sich die IG Autoren im vergangenen Jahr gegen ein ähnliches Projekt - die Akademie für Sprache und Dichtung – ausgesprochen. "Wir sind für die Vielfalt und gegen verschulte Autoren, staatlich zertifizierte Schriftsteller und alle Ideen der 'Schreibverschulung'", erklärt Ruiss die damalige Entscheidung. Zwar wäre damit der Markt bedient worden, aber die Gesellschaft brauche das weniger.

Gesellschaft ohne Kunst und Wissenschaft ist tot

An der Angewandten sehe Ruiss ein Angebot im Gesamtangebot an künstlerischen Studien und die Ausbildung passe daher vom Kontext besser. "Wir hätten das eher problematisch gesehen, wenn so eine Ausbildung an der Germanistik oder einer Fachhochschule statt gefunden hätte", sagt Ruiss gegenüber derStandard.at.

Welche Möglichkeiten den AbsolventInnen offen stehen werden, kann Rektor Bast noch nicht abschätzen. "Es gibt für kein Studium ein verbrieftes Arbeitsplatzrecht. Es handelt sich um ein Angebot des Staates und der Universität Leistungen zu bringen, die für die Gesellschaft dann nutzbar sind. Eine Gesellschaft ohne die Produktion von Kunst und Wissenschaft ist eine tote Gesellschaft", sagt Bast. (Julia Schilly, derStandard.at, 26. Mai 2008)