Wenn Kardinal Schönborn Medienvertreter einlädt, lässt er Ferkel am Span servieren. In Gleichnissen sich auszudrücken, war schon immer eine Spezialität seiner Organisation. Daher, wer Ohren hat, der höre, was er vorige Woche zum Thema "Ethische Selbstkontrolle" im Journalismus zu sagen hatte. Sie erscheint ihm unterentwickelt. "Wenn Kommunikation die ethische Verankerung verliert, trägt sie am Ende nicht mehr der unverletzlichen Würde des Menschen Rechnung", zitierte er seinen obersten Chef im Diesseits. Und es sei unerlässlich, dass die Medien "leidenschaftlich den Menschen als Person verteidigen und seine Würde vollkommen achten."

Ein schöner Born, dem hier Beherzigenswertes entströmte. Aber auch wieder keine Kunst, weiß der Oberhirte doch wovon er spricht - als sonntäglicher Kolumnist eines Blattes, das Empfehlungen, wie sie nicht erst der Papst den Journalisten, sondern schon Paulus den Ephesern ans Herz legte, lieber ignoriert als sich davon stören zu lassen. Unzucht aber und jede Art von Unlauterkeit oder von Habsucht werde unter euch nicht einmal genannt, legte er den Adressaten die Latte hoch, und auch gemeines Wesen, törichtes oder possenhaftes Gerede, das sich nicht schickt, sei zu meiden, so der Apostel.

Und der Kardinal? Wer Gott vertraut, wird nie enttäuscht, predigte er am Sonntag in der "Kronen Zeitung" zu Matthäus 6, 24-34, wo am selben Tag (und täglich) nur ein paar Seiten weiter der Mensch als Person leidenschaftlich verteidigt und seine Würde vollkommen geachtet wird, was sich unter anderem so liest: Lotusblüten verwöhnen Dich! Asiatraumgirls! Kirschblütengirls! Jungbäuerin, vollbusig. Ausländerinnen. Polenlady. Koreaschönheit! Schmutzige Girls. Rent-a-Woman. Fremdgehen mit Wunschdame. Flotter 3er. Schneller Quickie. Hose runter. Reife, lustvolle Oma sucht Sexkontakt. Hausfrauenporno. Pack ihn aus! extrem geil.

Man kann es natürlich auch übertreiben, wenn es darum geht, der unverletzlichen Würde des Menschen Rechnung zu tragen. Da ist es dann erhebend zu sehen, wie ein Kardinal mit seiner Predigt zum Thema "Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon" alles wieder zurechtrückt, indem er sich in der "Krone bunt" nicht zu wissen macht, wie leidenschaftlich und vollkommen im Inseratenteil die Würde des Menschen geachtet wird. Vielleicht liegt es ja daran - wer Dichand vertraut, wird nie enttäuscht -, dass dort auch Engelskontakte und Austrian-Angels angeboten werden. Dabei könnte man sich ja vielleicht noch darauf einigen, dass Paulus das mit der Unzucht etwas eng gesehen hat. Aber hat er nicht auch (den Römern) gesagt: Jedermann soll sich den obrigkeitlichen Gewalten unterwerfen, und: Wer sich der Obrigkeit widersetzt, stellt sich der Anordnung Gottes entgegen? Mit der Kampagne der "Krone" gegen den von der Obrigkeit beschlossenen und unterschriebenen EU-Reformvertrag verträgt sich das schlecht, vom habituell törichten oder possenhaften Gerede eines Cato und seiner Kolumnistenschar einmal ganz abgesehen.

Die fordern ja im Gegenteil, dass sich jedermann der "Krone" unterwerfen möge, in der kommerziell untermauerten Überzeugung, dass sich der Anordnung Gottes entgegenstellt, wer sich Hans Dichand widersetzt. Die Politik und etliche ihrer Vertreter haben das - wie sie hoffen, zu ihrem Heil - schon begriffen, und irgendwie muss dieser Geist auch vom Kardinal Besitz ergriffen haben. Wie anders sollte man sich erklären, dass ihn das Auge, das doch seit langem sehen muss, wie leidenschaftlich die "Krone" die Würde zumal des inländischen Menschen vor dem ausländischen verteidigt, nicht wenigstens soweit ärgert, dass er mehr riskiert als den Hinweis: Lernt von den Lilien, die auf dem Felde wachsen. Von denen wird kein Medium ethische Selbstkontrolle lernen, und jenes, das ihn sich als Feigenblatt hält, schon gar nicht.

Zwei Ministern haben wir es zu verdanken, wenn nun die Dämme vaterländischen Schwachsinns zu bersten drohen. "Österreich" konnte nicht tatenlos zusehen, wie das "Krone"- Rot-Weiß-Rot um 2 Euro an heimischen Autos flattert. Jetzt gibt es das Muss zur Euro. Ohne Werbeaufdruck: Ihre Auto-Fahne ist ganz neutral - ohne lästige Logos. Zum sensationellen Preis von nur 1 Euro, patritrottelt Fellner Dichand hinterher . Gibt es zu jedem "Krone" -Panier eine "Krone" , kommt auch die Konkurrenz nicht ohne Belästigung aus. Sie erhalten den "I LOVE ÖSTERREICH"-Kleber gratis zu Ihrer Österreich-Fahne dazu. Prost! (Günter Traxler, DER STANDARD; Printausgabe, 28.5.2008)