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Das Grab der "Heilerin vom Strader Wald" gibt Rätsel auf. Die Archäologen halten ein Verbrechen oder eine Tötung mit abergläubischem Hintergrund für möglich.

Foto: APA/Stefan Dietrich

Innsbruck – Die Tote wurde vor rund 400 Jahren mit dem Gesicht nach unten im Wald verscharrt, umgeben von einigen zum Teil höchst seltsamen Gegenständen. Als Tiroler Archäologen in einem Waldstück bei Tarrenz im Bezirk Imst das Skelett der weniger als 30 Jahre alten Frau aus dem frühen 17. Jahrhundert ausgruben, legten sie damit gleichzeitig ein mysteriöses Rätsel frei: Die irreguläre Bestattung abseits von menschlichen Siedlungen, die zahlreichen ungewöhnlichen Grabbeigaben und nicht zuletzt die Lage und Haltung der Leiche unterscheiden den Fund wesentlich von anderen Gräbern dieser Zeit. Ein Verbrechen oder eine Tötung mit abergläubischem Hintergrund erscheint möglich.

Die ersten Hinweise auf das rätselhafte Grab kamen von lokalen Hobbyforschern. Vor kurzem traten dann Ausgräber des Instituts für Archäologie der Universität Innsbruck (Fachbereich Mittelalter- und Neuzeitarchäologie) in Aktion. "Wir haben im Strader Wald östlich von Tarrenz das Skelett einer weniger als 30 Jahre alten Frau ausgegraben. Eine Münze und andere Fundstücke erlauben eine Datierung ins frühe 17. Jahrhundert", erklärte Grabungsleiter Harald Stadler.

Laut dem Archäologen sei ein Grabfund mit rund 50 Beigaben aus dieser Epoche an sich schon etwas Außergewöhnliches, doch würden die ganz besonderen Umstände den Fall geradezu spektakulär machen. "Die Frau lag mit dem Gesicht nach unten. Die Arme waren willkürlich abgewinkelt und der Unterkörper verdreht. So, als wäre sie achtlos in die Grube geworfen worden", berichtete der Wissenschaftler.

Schlüssel, Schröpfköpfe, Keramikperlen

Dazu kämmen ungewöhnlich viele und zum Teil seltsame Beifunde. Bei und auf der Toten lagen neben Schnallen, Hafteln und ähnlichem Kleidungszubehör eine Schere, ein Fingerhut, eine Art Täschchen mit vier Schlüsseln und vor allem zahlreiche Schmuckperlen aus verschiedenen Materialien und amulettartige Objekte. Besonders auffällig: Vier walnussgroße, glasierte Keramikperlen und sechs Schröpfköpfe aus Bronze, wie sie damals bei Heilbehandlungen verwendet wurden.

"Wir nennen die Frau ,die Heilerin vom Strader Wald'. Aber noch ist alles ziemlich rätselhaft. Wir wissen nicht, wer sie war, warum man sie hier im Wald verscharrt hat und warum all diese Gegenstände auf der Leiche verstreut wurden", sagte Stadler. Der Archäologe hält eine Tötung mit abergläubisch-rituellem Hintergrund für möglich: "Vielleicht war Angst vor Magie im Spiel."

Vielleicht sei sie auch das Opfer einer Hexenjagd geworden. Möglich erscheint auch ein Verbrechen mit Motiven im persönlich-zwischenmenschlichen Bereich.

Kein Raubmord

Raubmord scheide aus, schließlich hätten die Täter oder der Täter wertvolle Gegenstände zurückgelassen. Die Tote könnte aber auch eine aus der Gemeinschaft Ausgestoßene gewesen sein, oder es besteht ein Zusammenhang mit Krankheit, etwa der Pest.

"Noch stehen wir ganz am Anfang, wir haben diesen ganz außergewöhnlichen Fund ja erst vor ein paar Tagen geborgen. Jetzt werden die Fundobjekte und die Gebeine eingehend untersucht. Wir hoffen stark, dass dabei Erkenntnisse auftauchen, die mehr Licht in den mysteriösen Fall bringen", meinte der Archäologe. (APA/red)