Die singenden Mönche von Heiligenkreuz haben einen Hit gelandet.

Universal
So gottesfürchtig wie er wollen wohl die wenigsten leben. Was vom Alltag eines Mönchs erzählt wird, hat ja in der Theorie mit sehr frühem Aufstehen und strengem Tagesablauf nach dem Motto "ora et labora" zu tun. Da sind aber auch Meditation und Innehalten. Und so wird das Leben hinter Kloster- und Stiftsmauern, wenn schon nicht angestrebt, so doch zum Symbol für eine beschauliche Existenz, nach der sich der stressgeplagte Weltliche sehnt, wenn ihn die Angst packt, unter die Burn-out-Räder des Alltags zu kommen.

Aus der Angst ist längst ein Wellness- und Chill-out-Markt gewachsen, zu dem auch maßgeschneiderte Entspannungsklänge gehören. Und es wundert nicht, dass die Industrie irgendwann auch den Charme der klaren gregorianischen Gesänge entdeckte, mit denen sich gleichsam klösterliche Stimmung in die eigenen vier Wände holen lässt.

Man kann dies seit Jahren tun - ob mit unangetasteter sakraler Musik (die Hitparadenmönche des Klosters Santo Domingo de Silos, 1994) oder mit einer durch sanfte Poprhythmen ergänzten (Projekt Enigma). Auch Saxofonist Jan Garbarek landete mit dem Hilliard Ensemble (CD Offizium) in diesem meditativen Bereich 1993 einen sanften Hit.

Nun hat es auch die Mönche des Stiftes Heiligenkreuz "erwischt". Die 17 Brüder gewannen ein "Casting" der Firma Universal, brachten Chant - Music For Paradise heraus und sind nun tatsächlich in England mit den gesungenen Gebeten auf dem neunten Chartplatz gelandet. Gleich in der Nachbarschaft von Madonna und Amy Winehouse.

Auch für einen Mönch sei das eine große Sache, heißt es, die aber nichts Wesentliches ändern werde. Das alles sei nur eine Randglosse im Leben. Sollten die Brüder gar Nummer eins der Charts werden, würde man einen Zusatz-Rosenkranz beten; eine Tournee indes werde es nicht geben. Schließlich findet ein Mönch die Welt da draußen laut und verwirrend. Und möchte lieber im Wienerwald, wo sich das Zisterzienserstift seit 1133 befindet, ruhig, erfüllt und zeitlos leben.

Klar. Alles andere wäre - so ist zu vermuten - auch in Rom nicht gern gesehen. Denn kennt und schätzt Papst Benedikt XVI. die singenden Mönche von Heiligenkreuz (2007 besuchte er sie) und freut ihn sicher die Verbreitung der religiösen Botschaft, so ist ihm wohl daran gelegen, dass die Mönche nicht Opfer jener ordnungstörenden Hektik werden, die sie mit Gesängen zu bekämpfen helfen. (Ljubisa Tosic/DER STANDARD-Printausgabe, 28.5.2008)