Bild nicht mehr verfügbar.

Die Anhebung des Kilometergeldes kommt laut Molterer direkt den am stärksten Belasteten zugute.

Foto: Reuters/Föger

Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: APA
Autofahrerklubs, Landeshauptleute und diverse Interessenvertreter haben sich durchgesetzt: Angesichts der hohen Spritpreise werden Pendlerpauschale und Kilometergeld angehoben. Umweltschützer protestieren.

***

Wien – Die massive Kritik an den hohen Treibstoffpreisen hat Wirkung gezeigt. Die Regierung hat am Mittwoch eine deutliche Erhöhung von Pendlerpauschale und Kilometergeld beschlossen. Konkret werden ab 1. Juli die sogenannte kleine und große Pendlerpauschale um je 15 Prozent angehoben, das "amtliche Kilometergeld" steigt von 38 Cent auf 42 Cent – das entspricht einem Anstieg um zwölf Prozent. In Summe kosten diese Maßnahmen das Bundesbudget rund 60 Millionen Euro.

Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) und sein Vize, Wilhelm Molterer von der ÖVP, sprachen nach dem Ministerrat am Mittwoch von einem "klaren Signal" an die Österreicher, dass sie "mit den hohen Belastungen durch den Preisanstieg bei Treibstoffen nicht allein" gelassen würden. Die Maßnahmen seien aus "sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Sichtweise der richtige und einzig mögliche Weg".

Die von verschiedenen Seiten – unter anderem von einigen Landeshauptleuten – geforderte Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Fahrzeugtreibstoffe wurde von den Regierungsspitzen unisono abgelehnt. Das würde nur dazu führen, dass die Mineralölkonzerne die Preise weiter erhöhen, sagte Gusenbauer. Stattdessen werde die Regierung auf EU-Ebene eine Initiative zur Besteuerung von Spekulationen auf Erdöl und Rohstoffe starten. Schließlich seien Spekulanten zu einem Teil für die hohen Preise verantwortlich.

Molterer will überdies prüfen lassen, wie die Bundeswettbewerbsbehörde, die E-Control, Autofahrerklubs und die OMV gemeinsam für mehr Transparenz am Markt sorgen können. Zum Beispiel könnten sie die Informationen über die Treibstoffpreise bei den einzelnen Tankstellen zusammenlegen, erklärte er.

Die Bundesländer wurden von Gusenbauer und Molterer aufgefordert, in ihrem Bereich für Entlastungen von Autofahrern zu sorgen. Konkret wurde vorgeschlagen, die länderweise unterschiedlichen Heizkostenzuschüsse und Pendlerbeihilfen zu vereinheitlichen bzw. zu erhöhen. "Es muss eine Kraftanstrengung von allen geben", sagte der Kanzler.

Die SPÖ schrieb am Mittwoch die Erhöhungen dem stetigen Druck zu, den ihre Proponenten öffentlich erzeugt hätten. Die SP-nahe Kraftfahrerorganisation ARBÖ forderte seit Wochen und Monaten eine Anpassung der Pendlerpauschalen und des Kilometergeldes. Denn aus dem VP-geführten Finanzministerium kam bis zuletzt Widerstand – allen am Mittwoch plakativ aufgefahrenen Jubelbekundungen schwarzer Politiker und Interessensvertreter zum Trotz. In der Arbeiterkammer jedoch spricht man von "blankem Hohn". "Alleine die Erhöhung der Treibstoffpreise seit Juli 2007 habe für die Betroffenen Mehrkosten von 500 Millionen Euro gebracht. Menschen mit niedrigem Einkommen haben von der Erhöhung der Pendlerpauschale gar nichts", sendete Oberösterreichs AK-Präsident Johann Kalliauer aus.

Die FPÖ quittierte alles mit: "Tropfen auf dem heißen Stein"; das BZÖ meint, eine "Frotzelei" der Autofahrer zu erkennen.

Alle wollen Entlastung

Der VP-Seniorenbund will eine eigene Entlastung für Pensionisten, die keine Pauschalen mehr bekommen. Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl verlangte zusätzlich den Wegfall der Kfz-Steuer auf Lkws. Die Taxifahrer wollen – wie schon ARBÖ und ÖAMTC zuvor – eine Unterschriftenaktion gegen die Spritpreise starten.

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 und der stark von der ÖBB gesponserte Verkehrsclub Österreich (VCÖ) sprachen von einem "falschen Signal". Derzeit stehe einem Drittel der 1,8 Millionen Arbeitspendler in Österreich kein Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln zu Verfügung. Rund drei Viertel der Pendler fuhren mit einem Pkw an den Dienstort, monieren die Grünen.

Verkehrssprecherin Gabriele Moser sagte, es sei lediglich "Symptombekämpfung" vorgenommen worden, das System der Pendlerpauschalen gehöre generalüberholt – mit "besseren Mobilitätsangeboten und einer sozial gerechten Staffelung der Pauschale samt ökologischer Ausrichtung". Pendler, die öffentliche Verkehrsmittel verwenden, sollten gegenüber jenen, die eine Alternative hätten, diese aber nicht nützen wollen, begünstigt werden. (Günther Oswald, Leo Szemeliker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.5.2008)