Nürnberg - Die Arbeitslosenzahl in Deutschland ist im Mai erstmals seit 15 Jahren wieder unter die Marke von 3,3 Millionen gesunken. Saisonbereinigt allerdings nahm die Zahl der Erwerbslosen erstmals seit März 2006 wieder leicht um 4.000 zu, wie die die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag in Nürnberg mitteilte.

"Die Arbeitslosigkeit ist im Mai zurückgegangen, allerdings weniger stark als erwartet", erklärte die BA. Die Erwerbslosenzahl fiel gegenüber dem Vormonat um 131.000 auf 3,283 Millionen. Gegenüber Mai 2007 ergab sich eine Verminderung um 529.000. Die Arbeitslosenquote erreichte damit 7,8 Prozent, 0,3 Prozentpunkte weniger als im April. Wenn die Verbesserung im Mai auch geringer als im Durchschnitt der letzten Jahre ausfiel, bleibt die positive Grundtendenz am Arbeitsmarkt laut BA doch erhalten. Dass die saisonbereinigte Zahl erstmals seit längerem anstieg, sollte nach Worten von BA-Chef Frank-Jürgen Weise nicht überbewertet werden. "Der leichte saisonbereinigte Anstieg sollte daher nicht als erstes Zeichen einer Eintrübung auf dem Arbeitsmarkt gewertet werden", sagte er.

Volkswirte werteten die Zahlen als enttäuschend. Stefan Schilbe von HSBC Trinkaus erwartet zwar einen weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit in der nächsten Zeit, dieser werde aber weniger stark ausfallen als zuletzt. Eckart Tuchtfeld von der Commerzbank sagte: "Die Zahlen waren ganz klar eine negative Überraschung für uns." Auch Stefan Mütze von der Helaba nannte die Zahlen etwas schwächer als erwartet.

Für das Gesamtjahr 2008 rechnet Weise mit einer durchschnittlichen Arbeitslosenzahl in Deutschland von 3,43 Millionen. Das ist erheblich mehr als die von der Regierung erwarteten 3,27 Millionen. Im vergangenen Jahr waren im Jahresdurchschnitt 3,776 Mio. Menschen erwerbslos.

Wachsende Beschäftigung

"Die Beschäftigung wächst weiter und die Nachfrage nach Arbeitskräften bewegt sich auf hohem Niveau", sagte Weise. Die Frühjahresbelebung wirke sich weiter positiv aus. Allerdings mache sich bemerkbar, dass wegen des milden Winters in den Monaten zuvor weniger jahreszeitlich bedingte Arbeitslosigkeit entstanden sei als in früheren Jahren. Der stellvertretende Verwaltungsratschef der Bundesagentur, Peter Clever, sagte im Deutschlandfunk, nun machten sich auch in Deutschland zunehmend die hohen Energiepreise, der starke Euro und die Abschwächung der Konjunktur in den USA bemerkbar.

Die Erwerbstätigkeit nimmt allerdings weiter zu. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes stieg die Erwerbstätigenzahl im April saisonbereinigt um 54.000. Nach Weises Worten gibt es inzwischen über 40 Mio. Beschäftigte in Deutschland. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten habe im März bei 27 Millionen gelegen.

Die Zahl an offenen Stellen nahm im Mai um 6.000 ab und entwickelte sich damit negativ. Absolut und ohne Berücksichtigung von Saisoneffekten habe sich der Bestand an offenen Stellen von April auf Mai um 13.000 auf 579.000 vermindert. Im Vergleich zum Vorjahr habe der Bestand sogar um 63.000 abgenommen. Inklusive nicht offiziell angemeldeter offener Stellen kannte die BA aber nach eigenen Angaben im Mai 1,032 Mio. offene Stellen, 126.000 mehr als vor einem Jahr.

In den Mai-Zahlen ist als Sondereffekt aus dem Vormonat die Abmeldung von etwa 15.000 bis 20.000 Menschen aus der Arbeitslosigkeit enthalten. Dieser Vorgang konnte wegen Computerproblemen in der Statistik des vergangenen Monats noch nicht mitberücksichtigt werden. (APA/Reuters)