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Papst Benedikt XVI. bekommt umstrittenen Besuch.

Foto: Reuters/Dario Pignatelli
Der iranische Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad wird nächste Woche vom Papst empfangen. Der islamische Hardliner, der in Rom an der UNO-Ernährungskonferenz teilnimmt, hatte den Vatikan mit der Bitte um eine Audienz in Verlegenheit gebracht. Premier Silvio Berlusconi und Außenminister Franco Frattini wollen den unbequemen Gast bei seinem ersten Besuch in einer EU-Hauptstadt nicht treffen. Nach Indiskretionen italienischer Medien habe jedoch Benedikt XVI. einer Begegnung mit dem iranischen Präsidenten zugestimmt.

Es soll sich um keine offizielle Audienz mit Gefolge, Hymnen und Grußadressen handeln, so die Zeitung La Repubblica. Laut dem Corriere della Sera ist noch offen, ob der Papst einige der am UNO-Gipfel anwesenden Staatsoberhäupter gemeinsam oder in Privataudienz empfange.

Die vatikanische Diplomatie kann im Umgang mit unbequemen Gästen auf reiche Erfahrung zurückblicken. Die israelfeindlichen Eskapaden des Shoah-Leugners Ahmadi-Nejad stießen in Rom auf scharfe Kritik. Das hinderte Benedikt XVI. nicht daran, im Dezember Irans Außenminister Manuchehr Mottaki zu empfangen.

Viele umstrittene Politiker erhielten im Kirchenstaat Audienz. Fidel Castro wurde dort ebenso empfangen wie Yassir Arafat. 1987 begegnete Johannes Paul II. Chiles Diktator Augusto Pinochet überraschend verständnisvoll. Für die „Mütter der Verschwundenen“ fand er keine Zeit. Für die größten Turbulenzen hatte im Dezember 2000 der Vatikan-Besuch des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider gesorgt, der dem Papst den von seinem Land geschenkten Weihnachtsbaum überbrachte. Zwei Tage Belagerungszustand, 50 Verletzte, Tränengaswolken über dem Petersplatz. Vor dem Hintergrund der EU-Sanktionen gegen Österreich hatte La Repubblica dem turbulenten Besuch die ersten sieben Seiten gewidmet.

Auf persönliche Sympathien nimmt das Protokoll des Vatikans keine Rücksicht. So kam es in Rom bei der Trauerfeier für Papst Johannes Paul II. zur Begegnung zweier Erzfeinde: Israels Präsident Moshe Katzav und sein syrischer Kollege Bashar al-Assad reichten einander erstmals die Hand. Der britische Thronfolger Prinz Charles entschuldigte seinen scharf kritisierten Handschlag mit Simbabwes Diktator Robert Mugabe mit dem „Überraschungseffekt der Geste“. (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 30.5.2008)