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Vom Guerilla-Chef zum Premier: Nepals Maoistenführer Prachanda.

Foto: AP/Binod Joshi
Bürgerlich heißt er Pushpa Kamal Dahal. Aber in Nepal nennt ihn jeder bei seinem Kriegsnamen: Prachanda, der Kämpferische. Zehn Jahre hat er den Aufstand der maoistischen Rebellen gegen Nepals Monarchie angeführt. Nun wird der Ex-Guerilla-Boss nach dem Wahlsieg der Maoisten und dem Ende des Königtums Geschichte in Nepal schreiben - als erster Regierungschef der neuen Republik.

An Prachanda scheiden sich die Geister. Für viele Nepalesen ist er ein Volksheld, für andere ein Wolf im Schafspelz. Seine Gegner halten ihn für einen unverbesserlichen Steinzeit-Kommunisten, der die Zeit verschlafen hat. Tatsächlich wirkte er bei seinen Wahlauftritten bisweilen, als sei er der Mottenkiste der Geschichte entsprungen. Aber dieses Bild verkennt seine Verdienste. Man muss anerkennen, dass der ehemalige Dorfschullehrer gewagt hat, was nur wenige Rebellenchefs dieser Welt getan haben: Er hat eine gewaltgewohnte Guerilla-Truppe zurück in den Schoß der Demokratie geführt.

Wie fast alle Führer der Maoisten gehört der 53-Jährige mit dem Schnauzbart und der Brille, der meistens seine Frau Sita an der Seite hat, der höchsten Kaste der Hindus an, den Brahmanen. Prachanda, ältestes von acht Kindern einer Bauernfamilie, studierte Landwirtschaft, bevor er sich 1971 der Partei anschloss. Er habe nie selbst einen Menschen getötet, sagt er. Das überließ er den oft blutjungen Guerilleros. Mehr als ein Jahrzehnt lebte er, auf der Flucht vor den Häschern des Königs, im Untergrund.

Lange gab es von ihm nur ein verwackeltes Foto. Bis die Maoisten im April 2006 die Waffen niederlegten und Prachandas zweite Karriere begann.

Es mutet erstaunlich an, wie schnell ihm der Rollenwechsel vom Untergrundkämpfer zum Politiker gelang. Man sagt ihm auch nach, das bourgeoise Leben zu genießen. Angeblich liebt der Vater von vier Kindern teure Anzüge, teure Uhren und teure Autos. Er lässt sich auch gelegentlich von einem Bauern huckepack über den Fluss tragen.

Als Regierung und Maoisten im November 2006 einen Friedensvertrag unterschrieben, signierte Übergangspremier Girija Prasad Koirala mit einem billigen Plastikkugelschreiber - Prachanda zückte dagegen einen teuren Montblanc-Füller. Der luxuriöse Lebensstil ihres Bosses gefällt nicht allen Maoisten. Auf dem Parteikongress im vergangenen Jahr soll es kräftig gegrummelt haben. Seit dem Wahlsieg im April ist er wieder unangefochten. (Christine Möllhoff/DER STANDARD, Printausgabe, 30.5.2008)