Der Zugang zu kühlem Nass soll jederman offenstehen. Dazu fühlen sich die Bundesforste verpflichtet.

Foto: ÖBf /W. Simlinger

Ökologie, Gesellschaft Und Wirtschaft – wie der Ausgleich dieser unterschiedlichen Interessenssphären gelingt, zeigt das Beispiel Seen.

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„Man muss sich die öffentlichen Seen wie gefüllte Badewannen vorstellen: Uns gehört die Wanne, und die Allgemeinheit kann das Wasser in einem bestimmten Rahmen frei nützen, also beispielsweise baden und Eis laufen“, erklärt Gernot Strasser, Leiter des ÖBf- Geschäftsfelds Tourismus und Immobilien. Mit „uns“ meint er die Österreichischen Bundesforste, die derzeit mehr als 100 Seen in Österreich betreuen. Ein wichtiges Ziel der Bundesforste ist es, freie Seezugänge für alle zu erhalten bzw. zu schaffen.

Ziele in Einklang bringen

Zumindest in jeder Gemeinde, die rund um die Seen angesiedelt sind, soll es einen geben. Dabei müssen ökologische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Ziele in Einklang gebracht werden. Einfach ist das nicht. „Oft spreche ich nur mit den Anwälten der Privateigentümer“, sagt Strasser. Bis vor kurzem hat er als Immobilienspezialist im ÖBf-Forstbetrieb Kärnten– Lungau den teuersten See der Bundesforste betreut – den Wörthersee. 10,86 Euro Pacht müssen Private für einen Quadratmeter Wörtherseeufer hinlegen. Viel ist ohnehin nicht mehr frei an den Uferflächen. Nur 0,4 Prozent der Grundstücke, die an den See grenzen, sind in ÖBf-Besitz.

„Das 2001 mit der Übertragung des Sees an die Bundesforste eingeführte marktkonforme und transparente Tarifsystem hat, wie die aktuelle Kundenumfrage bestätigt, beim Großteil der ÖBf- Kunden Akzeptanz gefunden“, sagt Strasser. Bis 2012 werden die Tarife in jährlichen Etappen an das marktübliche Niveau herangeführt. Für einige kleinere Pensionen oder Yacht und Segelvereine, die verstärkt Jugendarbeit leisten, gibt es Sonderlösungen. Auch die Verträge mit den Gemeinden bleiben bis 2021 unangetastet. Die Höhe des Preises für einen Quadratmeter ist von vielen Faktoren abhängig. „Der Traunsee ist zum Beispiel günstiger als der Wörthersee, weil weniger Menschen bei 18 Grad als bei 24 Grad ins Wasser springen“, erklärt Franz Liftinger, der für den Traunsee und den Attersee im ÖBf-Forstbetrieb Traun–Innviertel zuständig ist. Lage, Knappheit der Grundstücke oder Nutzungsartwirken sich unter anderem auch auf den Preis aus.

Für die Menschen da sein

„Unsere Naturufer sind uns sehr wichtig. Wenn nicht genug Flächen da sind, dann verpachten wir die auch nicht“, sagt Liftinger. Er wird von vielen Menschen auf die verfügbaren Naturufer angesprochen. Die Aufgaben eines Seenspezialisten liegen eben nicht nur darin, sich um den See, sondern auch um die Menschen zu kümmern: bei Unklarheiten, wie weit zum Beispiel ein Steg ins Wasser gebaut werden darf; bei Streitigkeiten, wenn ein Nachbar mit seiner Bootshüte dem anderen die Sicht versperrt; bei Protesten der Gemeinde, wenn ein privater Investor auf Seegründen ein Schwimmbad bauen möchte. „Öffentliches Interesse hat bei uns immer eine sehr hohe Priorität“, sagt Liftinger. Ein Projekt, das auch gut für die Öffentlichkeit ist, hat die höchsten Chancen, auch zugelassen zu werden. Verkauft werden Badegründe jedoch schon seit vielen Jahren nicht mehr – stattdessen vergibt die Republik Österreich für ihre Seeufer lieber Baurechte.

Genau das soll in Weyregg am Attersee passieren: Die Gemeinde trat an die ÖBf heran, weil ein privater Investor ein Wassersportzentrum samt Restaurant bauen möchte. Es wird auf jeden Fall gegen Entgelt für die Allgemeinheit zugänglich sein.

Belebung der Region

Liftinger findet das Projekt durchaus sinnvoll: „Das belebt die Region. In Weyregg gibt es zu wenige Plätze, an denen man bei einem Kaffee den Ausblick auf den See genießen kann.“ Manchmal muss man Kompromisse schließen: 2000 der 6000 Quadratmeter, wo man derzeit gratis ins Wasser springen kann, werden an private Investoren abgetreten.