Es gilt, ein Jubiläum zu feiern. Und auch wenn es sich dabei um kein besonders rundes handelt - wer verstünde es mit mehr Dezenz und Geschmack, sich dieser Aufgabe zu unterziehen als "News" ? 45 Jahre Silikon sind schließlich Anlass genug, Doktor Busen und seine Muse , oder genauer, das Vorzeigepaar der Schönheitsindustrie über Silikon, falsche Scham und besseren Sex zum Interview zu bitten.

Um gleich von Anfang an keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Der Mann hat Humor. Beim Fotoshooting im Döblinger Luxusdomizil zeigt sich der fleißige Hausherr ("Ich bin von meiner Arbeit besessen") gelöst, und die Tischdekoration spricht für sich: Statt Weinreben schmücken Silikonimplantate unterschiedlicher Größe und Altersklassen die Tafel. Bei so viel Humor und einer solchen Tischdekoration ist auch die Art, wie das Vorzeigepaar der Schönheitsindustrie zusammengefunden hat, nicht mehr verwunderlich. Sie wollte einen größeren Busen, er verschaffte ihn ihr, und Amor implantierte seinen Pfeil in die nämliche Körperregion, schwärmt die "News"-Reporterin stilsicher. Nun wird die umstrittene Gottesgabe Silikon, die Kittmasse ihrer Liebe, 45.

Dass Amors Pfeil in seiner Wirkung auch von Silikon nicht beeinträchtigt wird, rechtfertigt nicht nur die Bezeichnung Gottesgabe, sondern in wachsendem Ausmaß auch die Formulierung Kittmasse der Liebe. Denn die Qualität wird immer besser, und Silikon hat jede gesellschaftliche Diskussion bislang unbeschadet überstanden. Die Zeit kann nicht mehr fern sein, wo dieses Material zu einer Kittmasse der schwer betuchten Kundschaft wird, der sich der gebürtige Kärntner Beauty-Doc aber weniger nah fühlt als dem chemiefreien Volk.

Dass es bei der Implantation der Gottesgabe um Sexualität und Frausein geht, spürt er sogar an sich selbst. Heute denke ich bereits mehr wie eine Frau als wie ein Mann. Immerhin habe ich ja bereits an die 4.000 Eingriffe vorgenommen. Wie wird er erst nach 8000 Eingriffen denken?

Weil auch ein Vorzeigepaar der Schönheitsindustrie aus zwei Personen besteht, muss, um der Form Genüge zu tun, neben dem Doktor Busen wenigstens einmal auch seine Muse zu Wort kommen, denn auch sie hat Bedeutendes zu sagen. Ich habe mir früher oft anhören müssen, dass ich mir mit Absicht einen Schönheitsexperten geangelt habe. Eine Frechheit. Aber ich beschäftige mich intensiv mit seiner Arbeit und experimentiere selbst. Momentan bin ich mit meinem Busen ein bisschen unzufrieden, das Stillen ist schuld daran.

Beunruhigt von diesem Bekenntnis einer unzufriedenen Muse zum Experiment will die Interviewerin vom Doktor Busen wissen: Ist eine Busenvergrößerung nicht ein ziemlich intensives Erlebnis? Was für eine Frage! Der Frau beschert sie im Erfolgsfall mehr Dekolleté, dem Vergrößerer hingegen einen beträchtlichen Zuwachs an hellseherischen Fähigkeiten. Und wie, beteuert er. Ich habe auch Christina Lugner prophezeit, dass sie sich nach ihrer OP scheiden lassen wird. Sie wurde stärker und selbstbewusster. Und so war es dann auch.

War es beruhigend zu hören, dass Silikon jede gesellschaftliche Diskussion bislang unbeschadet überstanden hat, wird es manche Kreise doch verstören, dass seine Anwendung die Scheidungsraten in die Höhe treibt. Nicht auszudenken, wenn Mörtel zurückschlägt, weil auch er dank der Kittmasse der Liebe stärker und selbstbewusster werden will. Das könnte kräftiger ausfallen, als manchen lieb ist. Was war das Maximum an Silikon, das Sie jemals implantiert haben? bohrt die Reporterin nach. 1.600 Gramm pro Brust. Der Durchschnitt sind 200 Gramm. Und der Patient war übrigens männlich.

Apropos "Sex in der City" - überall und nun auch im Kino stößt man in diesen Tagen auf die vier Damen mit ihren zum amerikanischen Kampflachen gebleckten Gebissen. Sollten sie je Geheimnisse gehabt haben - man kennt sie inzwischen alle. Darum war es wirklich verdienstvoll von "News", endlich einmal an die Enthüllung der 10 Geheimnisse von Mr. Big geschritten zu sein. Im Vergleich zu den vier Schreckschrauben verkörpert er ein wahres Mysterium. So ist sein Geheimnis Nummer 6 die Leidenschaft. Jetzt nicht voreilig raten. "Ich liebe es, in New York mit der U-Bahn zu fahren. Oder ich gehe einfach zu Fuß. Alle Menschen sind freundlich."

Von so viel Leidenschaft könnten sich manche etwas abschneiden. Mr. Bigs Geheimnisse Nr. 1 bis 5 und 7 bis 10 sind von ähnlicher Glut. Wenn "SatC" floriert, ist das wohl ihm zu verdanken. (Günter Traxler/DER STANDARD; Printausgabe, 31.5./1.6.2008)