Bei der für Österreich wichtigen Wegekostenrichtlinie will dieser die Richtung seines Vorgängers durchaus beibehalten.

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In welcher Höhe dürfen "externe" Kosten durch die Umweltbelastung in die Höhe einer Lkw-Maut einberechnet werden? Dies ist die Kernfrage der geplanten Wegekostenrichtlinie, die bereits seit Jahren verhandelt wird und eigentlich im Juni von der EU-Kommission vorgestellt werden sollte.

Die überraschende Neubesetzung des EU-Verkehrsressorts mit dem Berlusconi-Vertrauten Antonio Tajani bringt hier nun weitere Verzögerungen und veranlasste die österreichische Bundesregierung, gleich einen Brief an die EU-Kommission zu schreiben, in der auf die Bedeutung der Richtlinie für Österreich hingewiesen wird.

Obergrenze für Einberechnung der Umweltkosten

Die Befürchtung: Der Italiener Tajani werde anders als sein französischer Vorgänger Jacques Barrot ein offenes Ohr für die Anliegen der italienischen und niederländischen Frächtervereinigungen haben. Diese Befürchtungen seien aber aus derzeitiger Sicht eher unbegründet, sagt der ÖVP-EU-Abgeordnete Reinhard Rack nach einem ersten Treffen seiner Fraktion mit dem neuen Kommissar. Tajani wolle den Weg von Vorgänger Barrot fortsetzen, die Wegekostenrichtlinie soll nun am 2. Juli präsentiert werden.

Keine Angaben machte Tajani allerdings vor den EU-Abgeordneten über den wichtigsten Punkt der Richtlinie: Für die Einberechnung der Umweltkosten soll es auch eine Obergrenze geben. Experten meinen, dass ein Aufschlag von 60 bis 120 Prozent auf die eigentliche Maut je nach Sensitivität der befahrenen Strecke notwendig wäre, um gewisse Lenkungseffekte auszulösen. Barrot soll dem Vernehmen nach diese Obergrenzen so eingeplant haben, stieß damit aber auf heftigen Widerstand von Kommissionskollegen, die für Industrie, Wettbewerb und Binnenmarkt zuständig sind.

"Die Frage ist, ob Tajani dennoch mit dem gleichen Nachdruck die Obergrenzen verteidigt, auch wenn es aus der Kommission und aus seinem Heimatland heftigen Gegenwind gibt," sagte ein Kommissionsexperte zum Standard.

"Nicht unbeeindruckt"

Eine Novellierung der EU-Mautvorschriften vor den EU-Wahlen im Juni 2009, wie bisher von der EU-Kommission angestrebt, sei "unrealistisch", da eine Einigung zwischen den EU-Regierungen und dem Europaparlament in erster Lesung auszuschließen sei, meinte Rack.

Prinzipiell habe sich Tajani auf das Treffen mit den Abgeordneten bestens vorbereitet, man sei "nicht unbeeindruckt" gewesen.

Tajani muss sich am 16. Juni noch einem Hearing im EU-Parlament stellen. (Michael Moravec aus Brüssel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.5./1.6.2008)