White Williams: "Smoke" (Domino Records/Hoanzl 2008)

Coverfoto: Domino Records

Wie fast alle interessanten Musiken lässt sich auch die von Joe Williams nicht wirklich auf ein Genre festlegen, daher gleich zu Beginn ein Video:

 


White Williams: "Violator"

... und das wird - gemeinsam mit der hervorragenden Eröffnungsnummer "Headlines" - noch am ehesten dem Label "Elektropop" gerecht, das in Ultrakurz-Rezensionen "Smoke" des öfteren vorangestellt wurde. Was aber nicht die abwechslungsreichen Gitarreneinsätze trifft, die von Stück zu Stück eine unterschiedliche Grundfärbung ergeben, mal an T.Rex erinnern, mal an Wire, mal an die warmen Mollakkorde von Contriva. Auch wenn die garantiert kein Einfluss auf Williams waren - im Gegensatz zu einer ganzen Menge namhafter MusikerInnen aus der Glamrock- bis in die Postpunk-Ära.

Spiel mit Rhythmen

Der steigende Rauschpegel am Ende von "Violator" stellt auch schon den einzigen Hinweis darauf dar, dass der heute 23-Jährige aus Cleveland früher bei Noisebands gearbeitet hat. Wichtiger ist: er tat es als Schlagzeuger. Denn das Spiel mit Rhythmen ist der rote Faden, der sich durch Williams erste eigene Platte zieht, äußert sich als verquerer und eher behäbiger Funk ("Smoke"), in "afrikanischen" Riffs, wie sie Vampire Weekend vor kurzem wieder populär gemacht haben ("Going Down"), oder als basslastiger New Wave-Pop ("New Violence").

Über Gitarre und Bass montiert Williams Keyboardklänge in verblüffender Bandbreite - das schrille Elektronik-"Experiment" "Lice in the Rainbow" im Zentrum der Platte, das sich wie ein staubiges Archivstück aus der Krautrock-Epoche ausnimmt (es war eine geduldige Zeit ...) stellt in seiner einfach gestrickten Bauweise eine absolute Ausnahme dar. Trotz all der verschiedenen Klangelemente wirkt der Sound von "Smoke" aber alles andere als überfrachtet, eher schon skizzenhaft. Einige Songs werden überraschend schnell abgebrochen, ohne ihr Potenzial voll auszuschöpfen.

Schüchterner Künstler

Was Joe Williams von den (Solo-)Debüts anderer begabter Soundfusionisten mit elektronischem Einschlag wie Patrick Wolf, Enik oder der jungen Björk unterscheidet, ist das brachiale Element. Oder anders ausgedrückt: der Mut zur Leidenschaft. Was in Williams' Persönlichkeitsstruktur begründet liegen dürfte: Die ziemlich absurden Credits im CD-Booklet - en Detail wird aufgezählt, wer für Frisur, Make-up und was nicht gar des Covermodels zuständig war, die Angaben zur Musik beschränken sich auf ein lapidares written, composed & engineered by Joe Williams - deuten es schon an, was der verhalten-distanzierte Gesang noch unterstreicht: Williams ist eher schüchtern veranlagt.

Soundbasteleien sind eher sein Ding als Impulsgebung für den Dancefloor: "Smoke" ist ohnehin nicht allzu schnell unterwegs. Ein komplett anderes Ergebnis also als die gerne als Vergleich herangezogenen Hot Chip, die aus dem selben Postpunk-Fundus schöpfen wie Williams. Dafür bietet er in einem Vier-Minuten-Stück wie "Violator" aber mehr Abwechslung als die gehypten Briten auf ihrem ganzen überlangen "Made in the Dark".

Unter dem Strich: ein sehr vielversprechendes Debüt von einem, der ein Großer werden könnte. (Josefson)