Die deutsche Regierung lehnt gesetzliche Schnellschüsse als Konsequenz aus der Bespitzelungsaffäre bei der Deutschen Telekom ab.

Es müsse sorgfältig und ohne Hektik überlegt werden, ob gesetzliche Folgerungen notwendig seien, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Montag in Berlin. Die schwerwiegenden Vorkommnisse bei der Deutschen Telekom müssten umfassend aufgeklärt, die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen und eine Wiederholung vermieden werden.

In der Affäre wurden offenbar keine Verbindungsdaten von Regierungsmitgliedern ausgeforscht. "Ich selber habe darauf keine Hinweise", sagte Wilhelm. Der Bund ist als Großaktionär im Aufsichtsrat von Europas größtem Telekomkonzern vertreten.

In der Spitzelaffäre bei der Deutschen Telekom wird zurzeit nicht gegen den Konzernbetriebsratschef Wilhelm Wegner ermittelt. Das sagte am Montag eine Sprecherin der Bonner Staatsanwaltschaft. "Er gehört nicht zu den Beschuldigten." Ob sich das noch ändern könne, könne sie nicht sagen. Es werde ja umfassend ermittelt, sagte die Sprecherin.

Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" (Montag-Ausgabe) prüft die Bonner Staatsanwaltschaft derzeit, ob sie ein Ermittlungsverfahren gegen Wegner einleitet. Dem Aufsichtsratsmitglied könnte demnach der Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zur Last gelegt werden. Die Telekom hatte Wegner nach Medien-Informationen 2005 ausgespäht und ihm einen Kontakt zu einem Journalisten nachgewiesen. Wegner soll, so lautete der Vorwurf, vertrauliche Informationen weitergegeben haben. Der Betriebsratschef bestreite dies.

Die Staatsanwaltschaft prüfe nun gleichwohl, ob Wegner gegen das Aktiengesetz und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoßen hat, berichtete die "Süddeutsche". Wer als Vorstand oder Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft Geschäftsgeheimnisse ausplaudert, die er in dieser Funktion erfahren hat, dem droht laut Aktiengesetz entweder eine Geldstrafe oder eine Gefängnisstrafe von bis zu zwei Jahren.

Unterdessen begann in Berlin ein Gespräch des deutschen Innenministers Wolfgang Schäuble mit Deutsche-Telekom-Chef Rene Obermann. Mehrere Telekom-Wettbewerber hatten die Einladung von Schäuble ausgeschlagen.(APA)