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Der BDM kämpft mit Lieferboykotten und Blockaden für einen Milchpreis von 43 Cent pro Liter. Derzeit zahlen die Molkereien nach Angaben des Verbandes je nach Region 25 bis 34 Cent pro Liter.

Foto: AP/Kienzle
In ihrem Kampf um höhere Preise ziehen die deutschen Milchbauern nun nach Berlin. Vor dem Brandenburger Tor ist am Donnerstagnachmittag eine Kundgebung geplant, zu der mehrere tausend Teilnehmer erwartet werden, wie der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) ankündigte. Mit Traktoren fuhren die Landwirte am Mittwoch vor den Zentralen der großen Supermarktketten auf und forderten mehr Geld für die Milch.

Mit ihren Blockaden der vergangenen Tage bescherten die Bauern den Molkereien nach Angaben des Milchindustrieverbandes (MIV) Millionenschäden. Nach Ende dieser Blockaden gebe es nun keine Lieferengpässe mehr, versicherte der Handel.

Mit ihrem "Nationalen Milch-Aktionstag" vor dem Brandenburger Tor wollten die Landwirte ihren Forderungen noch einmal Nachdruck verleihen, erklärte der BDM. Er rief auch Verbraucher auf, bei der Veranstaltung ihre Solidarität mit den Milchbauern zu bekunden. Einer Umfrage für das Magazin "Stern" zufolge haben neun von zehn Verbrauchern hierzulande Verständnis für eine Milchpreissteigerung um zehn Cent. Diese zehn Cent müssten aber den Milchbauern zugute kommen. Der Bauernverband (DBV) startete eine Unterschriftenaktion im Internet namens "Mein Herz schlägt für die Milchbauern". Verbraucher können dort die Einzelhandelskonzerne zur Zahlung eines gerechten Preises aufrufen.

Zahlreiche Proteste

Zahlreich folgten die Landwirte dem DBV-Aufruf zu Protesten vor den Zentralen des Lebensmitteleinzelhandels. Sie versammelten sich vor der Edeka-Zentrale in Hamburg, vor der Zentrale von Aldi Nord in Essen und von Aldi Süd in Mülheim an der Ruhr, bei Rewe in Köln, bei Lidl in Neckarsulm und auch bei Norma im bayerischen Fürth, wie der DBV mitteilte. Mit den Aktionen wollen die Bauern Druck auf den Handel machen, mit den Molkereien höhere Preise zu vereinbaren.

Der Hauptgeschäftsführer des deutschen Einzelhandelsverbandes HDE, Stefan Genth, zeigte für die Demonstrationen wenig Verständnis. Die Bauern könnten nicht dem Einzelhandel die Schuld an der Milchpreispolitik zuschieben, sagte Genth im RBB. Die derzeitige Milchpreis-Situation sei die Folge von Überschüssen, erklärte der HDE. Die am Markt mit der Milchindustrie ausgehandelten Preise habe der Handel an die Verbraucher weitergegeben. Eine Festlegung auf einen Milchmindestpreis lehnt der Einzelhandel nach Worten Genths ab. "Eine einseitige Preisfestlegung würde auch der Kunde im Supermarkt nicht verstehen", sagte er dem RBB. Der Kunde sei nicht bereit, 1,50 Euro oder mehr für den Liter Milch zu bezahlen.

Die deutschen Milchbauern fordern 43 Cent pro Liter. Eine erste Molkerei zahlt ihren rund 1.800 Lieferanten diesen Preis rückwirkend zum 1. Juni, wie der BDM mitteilte. Es handelt sich um die mittelständische Molkerei Berchtesgadener Land-Chiemgau eG. Dies sei ein erster Erfolg der Proteste, sagte BDM-Sprecher Hans Foldenauer der AFP. Der Discounter Lidl kündigte am Mittwochabend an, den Verkaufspreis je Liter um 10 Cent und für Butter je 250-Gramm-Päckchen um 20 Cent erhöhen, wie eine Unternehmenssprecherin bestätigte. Gültig werden soll die Preiserhöhung ab kommenden Montag. Der Netto-Mehrpreis sei ausschließlich für die Landwirte bestimmt, erklärte Lidl.

50 Millionen Schaden

Von den Blockaden der Milchbauern in den vergangenen Tagen war nach Angaben des Milchindustrieverbandes jede zweite der rund 110 Molkereien in Deutschland betroffen. Die Schäden etwa durch Produktionsausfälle beliefen sich auf "sicherlich 50 Mio. Euro", sagte MIV-Hauptgeschäftsführer Eberhard Hetzner der "Bild"-Zeitung. Die Lage habe sich aber entspannt. Auch der HDE erklärte, alle Geschäfte verfügten wieder über ausreichend Molkereiprodukte. Die Lücken, die entstanden seien, schlössen sich schnell. Milch, Butter, Käse und andere Molkereiprodukte seien in allen Preislagen verfügbar.

Der deutsche Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) verteidigte die Aktionen der Milchbauern und warnte vor einer Abhängigkeit von Milch-Importen aus dem Ausland. "Wie problematisch solche Abhängigkeiten für eine Volkswirtschaft sein können, erleben wir bei der Energieversorgung", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Nur wenn die Milchbauern existieren könnten, "vermeiden wir, dass wichtige Rohstoffe für die Lebensmittelproduktion aus dem Ausland bezogen werden müssen". (APA)