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Schlechte Zeiten für die Airline-Branche: Jeder Dollar, den der Ölpreis zulegt, kostet die Branche rund 1,6 Milliarden Dollar jährlich. Gleichzeitig sinkt die Nachfrage.

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Wien - Viele Airline-Manager wissen keinen Rat mehr: Der Ölpreis kennt nur mehr eine Richtung: steil nach oben. Der Branchenverband IATA prognostizierte der Branche heuer Verluste von rund sechs Milliarden Dollar. "Ich weiß wirklich nicht, wie es weitergeht", sagt Chris Tarry, einer der einflussreichsten unabhängigen Unternehmensberater in der Branche, in der Süddeutschen Zeitung.

In der Theorie ist alles ganz einfach: Die Fluggesellschaften geben die höheren Kosten in Form von Preiserhöhungen an ihre Kunden weiter und es gibt kein Problem. "So funktioniert das aber leider nicht, vor allem, wenn wir gleichzeitig feststellen, dass die Nachfrage sowieso schon nachlässt," sagt Tarry. Normalerweise sinken dann bekanntlich die Preise.

Unbesetzte Plätze

Allein im April blieb durchschnittlich jeder vierte Platz in den Maschinen unbesetzt. Nach der Sommersaison dürften etliche Airlines ihr Angebot drastisch einschränken, kündigte der Verband der Europäischen Fluggesellschaften AEA an. Die Auslastung sank im April um deutliche 2,7 Prozentpunkte unter den Wert des gleichen Vorjahresmonats. Sie habe zuletzt nur noch bei 74,8 Prozent gelegen.

Der Verkehr sei auf nationalen Routen um 1,6 Prozent und im Nordatlantik-Verkehr um 2,7 Prozent geschrumpft. Bisher boomende innereuropäische Strecken wuchsen schwächer als zuvor.

Als Gründe nennt die AEA die wirtschaftliche Lage: Die weltweite Konjunktur-Abkühlung und die Kreditkrise hätten die Zuversicht der Firmen und ihre Reisetätigkeit gebremst. Auch sinke wegen der Teuerung das verfügbare Einkommen schwer. Zudem hätten die Fluggesellschaften ihre Ticketpreise anheben müssen, um steigende Treibstoffkosten aufzufangen.

Die Lufthansa, mit einem Betriebsergebnis von 1,4 Mrd. Euro im Vorjahr, eine der weltweit profitabelsten Airlines, hält es wegen der anhaltend hohen Ölpreise für immer schwieriger, ihr Ergebnisziel für 2008 zu übertreffen. "Wir haben bereits gesagt, dass wir uns am Jahresergebnis 2007 messen werden und wenn möglich mehr tun wollen", sagte Konzernchef Wolfgang Mayrhuber in Die Welt. "Der Speck nach oben ist angesichts der jetzigen Situation natürlich dünner geworden." Zwar habe die Lufthansa erst vor kurzem die Treibstoffzuschläge angehoben, sollten die Kerosinkosten aber auf dem aktuellen Niveau bleiben, seien weitere Preiserhöhungen unvermeidbar.

Übernahmen

Mayrhuber signalisierte, durchaus zu Übernahmen bereit zu sein - wenn der Preis stimme. "Wir können in der Konsolidierung eine sehr aktive Rolle übernehmen, wenn wir wollen", fügt er hinzu. Wie berichtet, ist die Lufthansa als Partner für die angeschlagene AUA im Gespräch.

United Airlines, Partner der Lufthansa und AUA in der Star Alliance, plant bereits weitere Stellenstreichungen und eine deutliche Reduzierung der Flotte. Laut Wall Street Journal United bis Ende 2009 die Anzahl seiner Flugzeuge um zusätzliche 70 senken. Derzeit besitzt United etwa 460 Maschinen. Im April wurde bereits eine Reduzierung um 30 Flieger angekündigt. Damals gab United auch den Abbau von 1100 Arbeitsplätzen bis Jahresende bekannt. United hatte erst vor wenigen Tagen seine Fusionspläne mit US Airways - ein weiteres Star Alliance Mitglied - vorerst auf Eis gelegt. Viele Airline-Manager trauen sich Übernahmen derzeit nicht mehr zu, weil sie zunächst viel Geld kosten, ehe sie Ersparnisse bringen.

Dunkle Wolken

Europas größter Billigflieger Ryanair hat die Anleger zwar mit einem Gewinnsprung (481 Mio. Euro) für 2007/08 überrascht. Heuer sieht Firmenchef Michael O'Leary aber dunkle Wolken aufziehen. Wenn der Ölpreis auf dem Niveau von 130 Dollar (83,8 Euro) je Barrel bleibe, werde Ryanair die Fluggesellschaft gerade die Gewinnzone erreichen. Bisher hatte die Airline in ihrem pessimistischen Szenario einen Rückgang um 50 Prozent angenommen. (cr, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.6.2008)