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Konjunkturindikator Rocklänge - was sieht gut aus, was ist zu viel des Guten?

Foto: Reuters/Mike Segar
Was haben Barack Obama, Lippenstift, Aspirin, kurze Röcke und das Ergebnis des Super-Bowl-Finales gemeinsam? Nichts?

Für den geübten Börsianer eine Menge, denn Menschen, Sport und modische Ausrichtung werden mitunter als Indikatoren für die Markt-Entwicklung herangezogen - eine Art "Bauern-Kalender" für die Börse sozusagen.

Beispiel Lippenstift: Wenn die Börsen abschmieren, schmiert die Damenwelt auf. Laut "Lipstick-Indicator" kaufen Frauen nämlich in wirtschaftlich schlechten Zeiten weniger Kleider, dafür greifen sie vermehrt zu preiswertem Lippenstift. Diesen Zusammenhang will zumindest der Kosmetik- und Modekonzern Estée Lauder nach den Anschlägen vom 11. September gemacht haben. Schade nur, dass die Börse der Konjunktur in der Regel sechs bis neun Monate hinterher hinkt.

Genauso weit hergeholt erscheint auf den ersten Blick die "Skirt Length Theory": Flanieren Frauen mit langen Röcken durch die Straßen, heißt es für Anleger, sich warm anzuziehen - es geht bergab an den Märkten. Kurzer Rocksaum hingegen sagt steigende Kurse voraus. Der Mythos von der Kleiderlänge geht auf die 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück. Der Minirock, unter anderem als Ausdruck des Selbstbewusstseins, setzte sich durch, als die Wirtschaft in den USA auf Hochtouren lief. 1929, nach dem großen Crash, wurden auch die Säume wieder länger.

Auch US-Präsidentschaftswahlen haben es angeblich in sich: Der Mythos will es, das das vierte Amtsjahr eines Präsidenten - also das Vorwahljahr - immer die lukrativsten Zeiten für die Wall Street sind. Den Kritikern zum Trotz lag die Trefferquote lange Zeit bei 70 bis 80 Prozent. Ordentlich dagegen lagen die Indikatoren hingegen bei George Bush sen. und Bill Clinton. Krachen die Börsen hat Aspirin offenbar Hochsaison. Der Zusammenhang mit Kopfweh geplagten Börsianern dürfte aber eher im Reich der Märchen anzusiedeln sein.

Weltweit bekannt ist der "Super-Bowl-Index": Die begehrteste Trophäe des American Football sorgt Jahr für Jahr für Gesprächsstoff. Ein Sieg der NFL in der Endrunde soll im kommenden Jahr steigende Aktienkurse garantieren, gewinnt die AFL, setzt sich der Bärenmarkt durch. Nachdem heuer erstere gewonnen haben, gibt es für die Märkte wohl noch Hoffnung.

Ein bisschen Aberglaube schadet sicher nicht. Geschäfte werden eben nicht nur durch Fakten, sondern auch von Erwartungen, Hoffnungen und einer ordentlichen Portion Psychologie bestimmt. (Sigrid Schamall, derStandard.at, 8.6.2008)