Wien - Die Tiroler Landtagswahl heute, Sonntag, bescherte der SPÖ ihren ersten zweistelligen Verlust bei Landtags- oder Bundeswahlen in der Zweiten Republik. Ihr bisher größtes Minus waren 8,66 Prozentpunkte 1996 in Wien; in Kärnten waren es 1994 mit 8,59 Prozentpunkten fast ebenso viel.

"Lautes Signal"

Meinuntgsforscher sehen dementsprechend reichlich bundespolitische Relevanz in den Tiroler Ergebnissen. Erwartbare Verluste für die ÖVP, ein überraschend starker Absturz für die SPÖ und ein Triumphator namens Fritz Dinkhauser - in diesem Sinne kommentieren Meinungsforscher das vorläufige Ergebnis der Landtagswahlen in Tirol. Und sie sprechen dem Wahlergebnis eine deutliche bundespolitische Relevanz zu. "Besonders erschreckend muss das Ergebnis für die SPÖ sein", so David Pfarrhofer vom Market-Institut im Gespräch mit der APA.

"Nach Niederösterreich ein weiteres sehr lautes Signal - da werden jetzt die SPÖ-Landesfürsten nervös werden", so Pfarrhofer. Dass die jüngsten Querelen in der SPÖ - Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller hatte ja harsche Kritik an der Parteiführung durch Obmann Alfred Gusenbauer geübt - hier das Ergebnis beeinflusst haben, davon geht er aus. Auch Peter Hajek (Public Opinion Strategies) ortet beim SPÖ-Ergebnis "wahrscheinlich" einen Bundestrend. "Verluste waren prognostiziert, aber in diesem Ausmaß sind sie schon sehr überraschend."

"Flanke für Neuwahlen"

OGM-Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer sieht nun zwei Wege für die SPÖ: "Entweder sie setzt den Zug der Lemminge fort und lässt sich in eine selbstzerstörerische Diskussion treiben" - dann aber öffne man der ÖVP auch eine Flanke für Neuwahlen, ein "Elfmeter, für den gar nicht viel Dribbelkunst nötig ist", so Bachmayer, inspiriert von der EURO 2008. Weg Nummer zwei für die SPÖ sei es, die "Niederlage in Tirol zu einem landespolitischen Phänomen zu erklären".

Denn Dinkhauser, der "Hauptsieger des Wahlabends", habe "den größten Teil seiner Wähler von der SPÖ abgezapft", meint Bachmayer. "Als Tiroler Rappelkopf hat er sich einfach als das Sammelbecken für alle Politikverdrossenen anbieten können." Nach Pfarrhofers Ansicht zeigt Dinkhausers Einstand auf (stimmen-)hohem Niveau ("ein Erdbeben") indes auch, "wie wichtig letztendlich Personen sind", nämlich ein charismatischer Spitzenkandidat. Dinkhauser habe Protestwähler angezogen, analysiert auch Hajek: Nicht zuletzt deswegen sei die FPÖ "überraschend stark" ausgestiegen. "Bisher ist ja Tirol nicht unbedingt ein Aufmarschfeld der Freiheitlichen gewesen - das ist schon beachtlich."

Und die ÖVP? Die kommt laut Hajek "mit einem lachenden und einem weinenden Auge" davon - denn man habe mit massiven Verlusten gerechnet, und so schlimm sei es dann ja doch nicht gekommen. Offenbar sei es der Volkspartei gelungen, ihre Wähler zu mobilisieren. Resultat: "Ohne die ÖVP geht auch in Zukunft gar nichts." Ähnlich Bachmayer: "Die ÖVP ist in einer gar nicht so schlechten Situation, weil sie sich jeden Partner aussuchen kann. Dass es weiterhin einen von der ÖVP gestellten Landeshauptmann gibt, ist gar keine Frage." Allerdings - dass dieser Landeshauptmann Herwig van Staa heißen wird, glaubt Bachmayer nicht. Wahrscheinlich Innenminister Günther Platter, da die ÖVP durch eine Regierungsumbildung auf Bundesebene zusätzliches Profil als "aktive, gestalterische" Partei gewinnen könnte.

Das schlechte Abschneiden der Grünen bezeichnet Pfarrhofer als "überraschend", vor allem, da die Partei in Tirol ja durchaus "erfolgsverwöhnt" gewesen sei. Dazu Hajek: "Die Grünen wurden vom Match ÖVP-Dinkhauser aufgerieben. Und sie haben halt außer dem Transit nicht viele starke Themen." (APA)