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Trainer Hickersbergers Balance-Akt vor dem Polen-Match.

Foto: REUTERS/Zolles
Stergersbach - Österreichs Fußball-Teamchef Josef Hickersberger hat am Dienstag in Stegersbach noch einmal die Bedeutung der Donnerstag-Partie in Gruppe B in Wien gegen Polen 20.45 Uhr) hervorgehoben. "Jetzt geht es um alles oder nichts. Wir müssen gewinnen, das gleiche gilt aber auch für Polen. Man wird sehen, welches Spiel sich aus dieser speziellen Situation entwickelt, wie viel Risiko beide Mannschaften nehmen, wer die Oberhand behält und wer mehr Glück hat", sagte der 60-Jährige bei der ÖFB-Pressekonferenz.

Ein Punkt reicht nicht

Dass die ÖFB-Chancen auch bei einem Remis noch theoretisch vorhanden sein könnten, interessiert Hickersberger nicht. "Mit einem Punkt können weder Österreich noch Polen leben, obwohl ein Punkt eher noch Polen reicht." Der Donnerstag-Gegner sei allein schon aufgrund der Tatsache, seine EM-Qualifikations-Gruppe vor dem aktuellen WM-Vierten und Turnier-Mitfavorit Portugal gewonnen zu haben, als starke Mannschaft einzustufen. "Daher muss Polen über eine hervorragende Mannschaft und Einzelspieler verfügen."

Der Respekt ist so groß, dass der Teamchef zwar nicht auf eine derart massive Defensiv-Taktik wie gegen Kroatien, aber dennoch zunächst nur auf beschränkte Angriffs-Bemühungen setzen wird. "Wir können nicht von Beginn an auf totale Offensive, oder wie Ernst Happel gesagt hat, auf 'Hollywood" spielen. Das kann sehr leicht ins Auge gehen."

Klare Ausgangsposition

Hickersberger erwartet alles andere als ein Angriffsfurioso beider Teams. "Es wird ein ausgeglichenes Spiel werden, in dem beide Mannschaften versuchen werden, zunächst kein Tor zu erhalten und vorne die sich bietenden Chancen zu nützen", prophezeite der Niederösterreicher, der seine Kicker wegen der klaren Ausgangsposition aber immerhin in einer "psychologisch einfachen Situation" sieht.

Was die taktische Marschroute betrifft, will der Teamchef unrealistische Aufstellungs-Forderungen ausgemacht haben. "Alle Utopisten, die zwei Spitzen, dazu Harnik und Korkmaz an den Flügeln und Ivanschitz und Vastic im Mittelfeld wollen, werde ich wieder enttäuschen müssen", kündigte Hickersberger an.

Brasilo-Pole Roger

Abseits des Grübelns über die eigene taktische Formation beschäftigt sich der Coach auch mit jener des Gegners. Nach dem Ausfall von Zurawski geht er davon aus, dass Saganowski als einziger echter Stürmer agieren könnte, außerdem rechnet er mit dem gebürtigen Brasilianer Roger in der polnischen Offensive. "Er ist wie alle Brasilianer technisch perfekt. Inwieweit er fit ist, ist noch nicht ganz klar", lautete die Einschätzung von "Hicke".

Der 60-Jährige beteuerte, man sei auf den Konkurrenten optimal vorbereitet. "Wir wissen alles über den Gegner, die Spieler bekommen DVDs von ihren Gegenspielern. Jetzt wird es auf die Tagesform ankommen und darauf, wie die Spieler mit dieser Situation zurecht kommen. Aber sie haben ja jetzt schon alle Turnier-Erfahrung. Das ist sehr wichtig, das weiß ich aus eigener Erfahrung", meinte Hickersberger, der am Dienstagnachmittag mit der Mannschaft die Niederlage der Polen gegen Deutschland genau analysierte.

Beenhakker genial

Seinen Widerpart Leo Beenhakker bezeichnete der ÖFB-Coach als "genialen Trainer", der die Polen trotz der Hypothek, noch nie gegen Deutschland gewonnen zu haben, optimal auf die DFB-Auswahl eingestellt hatte. "Die Polen haben nach dem 0:1 sehr gut nach vorne gespielt, die Deutschen sind einige Male ins Schwitzen gekommen und haben Glück gehabt", betonte der Niederösterreicher.

Pogatetz und Linz sind zurück

Entwarnung gab es von der medizinische Abteilung des ÖFB: Die leicht angeschlagenen Roland Linz und Emanuel Pogatetz stiegen zwei Tage vor dem zweiten EM-Spiel wieder ins Training ein. "Vom Fuß her ist alles o.k.", erklärte Stürmer Linz nach der vormittäglichen Übungseinheit am Stegersbacher Sportplatz. Der Portugal-Legionär war am Montag von einer Bänderüberdehnung im linken Sprunggelenk außer Gefecht gesetzt worden, die Befürchtung, er müsse auch am Dienstag passen, bewahrheitete sich schließlich nicht. "Für das Spiel am Donnerstag sollte es kein Problem sein. Ich bin sehr froh, dass es nicht schlimmer geworden ist."

Auch Pogatetz, dem am Montag eine Ristprellung zu schaffen machte, konnte wieder eineinhalb Stunden das gesamte Trainingspensum absolvieren. "Natürlich merkt man gewisse Kleinigkeiten", meinte der England-Legionär angesichts einer langen Saison und der langen Vorbereitung. "Aber bis zum Spiel wird es kein Problem werden." Im Duell mit Polen will Pogatetz seine gesamte Defensiv-Kompetenz einbringen, schließlich "müssen wir gewinnen, wenn wir weiterkommen wollen." Nicht einbringen sollte der Defensiv-Mann seine emotionalen Ausfälle, die ihn im Spiel gegen Kroatien beinahe eine rote Karte beschert hätten. Die Fitness des Teams sei ein zentraler Punkt. "Wir müssen darauf bauen, dass wir eines der körperlich besten Teams sind, das haben wir gegen Kroatien gezeigt. Und das könnte auch ein Vorteil für uns sein."

Mehr Konzentration

Der Ausfall von Polen-Kapitän Maciej Zurawski sei einer guten rot-weiß-roten Leistung sicher nicht abträglich, dürfe aber nicht überbewertet werden. "Dann kommt halt der nächste, der genauso gefährlich ist", meinte Pogatetz lapidar." Wichtig sei viel mehr, mit Selbstvertrauen aufzutreten. "Wir müssen uns auch in den letzten 20 Metern vor dem Tor mehr konzentrieren, der letzte Pass zum Tor hat noch gefehlt."

Dass man die Nervosität nun vollkommen abgelegt habe, könne er nicht bestätigen. "Die Atmosphäre war toll, ein Highlight für jeden Spieler. An so etwas kann man sich gar nicht gewöhnen", schilderte er die überwältigenden Eindrücke der Auftaktpartie. Und: "Wir haben eigentlich auch gegen Kroatien ganz gut begonnen. Es war halt ein typisches erstes Spiel beider Teams."

Ein Finalspiel

Der Druck hätte sich trotz der Niederlage nicht erhöht: "Wir sind in der vierten Minute mit 0:1 in Rückstand geraten, da kann der Druck gar nicht mehr höher werden." Natürlich handle es sich bereits um ein "Finalspiel". "Es wäre ein Traum, wenn wir uns die Chance auf ein entscheidendes Spiel gegen Deutschland erarbeiten würden." (APA/red.)