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So könnte eine Kuh mit Rinderwahn aussehen.

Foto: REUTERS/Jo Yong-Hak

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Zehntausende Demonstranten in Seoul wehren sich gegen das Ende des Boykotts von Rindfleisch aus den USA.

Foto: REUTERS/Lee Jae-Won (SOUTH KOREA)

Demonstrationen im Kerzenlicht: Gegen Einfuhr von US-Rindfleisch und steigende Benzin- und Lebensmittelpreise.

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Demonstration Anfang Juni: Die Polizei geht mit Wasserwerfern gegen Demonstranten vor.

Foto: EPA/YNA

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Busse und Schiffscontainer als Barrikaden.

Foto: AP Photo/ Lee Jin-man
"Wir wollen keine verrückten Kühe!" Dieser Schlachtruf schallt seit Wochen durch die Straßen der südkoreanischen Hauptstadt. Tausende Demonstranten wehren sich gegen das Aufheben des Importverbots von US-amerikanischem Rindfleisch. Südkorea hatte im Jahr 2003, als der erste BSE-Fall in den USA bekannt wurde, einen Importstopp beschlossen. Was als Demonstration einiger Studenten begann, hat sich mittlerweile zu einer breiten Protestbewegung gegen die Regierung entwickelt.

Das Ende des Boykotts ist allerdings für die USA eine Bedingung für die Ratifizierung des Freihandelsabkommens mit Südkorea. Präsidenten Lee Myung-bak argumentiert für das Abkommen: Es sei nötig, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen und 30.000 neue Jobs würden entstehen.

Eine Million demonstriert

Den Demonstranten gehe es aber nicht nur um das bevorstehende Ende des Fleisch-Boykotts, sondern auch um politische Fehlgriffe der Regierung Lee, erklärt Lukas Pokorny, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Ostasienwissenschaften in Wien. Auch die steigenden Energie- und Lebensmittelpreise haben die Unzufriedenheit mit der Regierung noch gesteigert. Südkorea importiert beinahe den gesamten Bedarf an Energie, Rohstoffen und Nahrungsmitteln aus dem Ausland. Preissteigerungen sind daher besonders schmerzlich.

Bei einer landesweiten Demonstration am Dienstag wurden bis zu einer Million Teilnehmer erwartet. "In südkoreanischen Medien ist zu lesen, dass rund 37.000 Polizisten mobilisiert wurden", berichtet Pokorny. Der 10. Juni ist für Südkorea auch ein historische wichtiges Datum: Es markiert das Ende der Militärdiktatur im Jahr 1987.

Gesundheit mit Füßen getreten

Bereits seit mehreren Wochen demonstrierten Tausende in Seoul gegen das Ende des Boykotts. Das Ergebnis sei erniedrigend und nur unter Druck der USA zustande gekommen. Die Gesundheit der Südkoreaner werde mit den Füßen getreten.

Nach langwierigen Verhandlungen zwischen beiden Länder war es bereits vergangenes Jahr zu einer Lockerung des Einfuhrverbots gekommen: Rindfleisch ohne Knochen, von Kälbern unter 30 Monaten durfte wieder in die Supermarktregale. Im April einigten sich die USA und Südkorea auf ein Ende des Boykotts. Für "hochriskante Materialien", wie zum Beispiel Innereien oder Teile des Rückenmarks, sollte es aber auch weiterhin keine Einfuhrgenehmigung geben. Dagegen läuft die Bevölkerung Sturm.

Die regierende Grand National Party (GNP) von Präsident Lee Myung-bak bemühte sich die aufgebrachte Bevölkerung zu beschwichtigen: Amerikanisches Fleisch sei sicher und außerdem seien zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen geplant. Am Montag schickte er eine Verhandlungsdelegation nach Washington, um zu erreichen, dass die USA auch weiterhin nur Kalbsfleisch ohne Knochen exportiert - obwohl die im April verhandelte Einigung das erlauben würde. Das Abkommen liegt bis auf weiteres auf Eis.

Drittgrößter Abnehmer von US-Rindfleisch

Südkorea war vor Beginn des Fleisch-Boykotts der drittgrößte Abnehmer von US-amerikanischen Rindfleisch: Im Jahr 2003 lieferten die USA 213.000 Tonnen Fleisch mit einem Gesamtwert von mehr als 600 Millionen US-Dollar nach Südkorea. Die U.S. Meat Export Federation spricht von insgesamt vier Milliarden Verlust.

Noch hat sich Präsident Lee nicht offiziell zum Rücktrittsgesuch seiner Minister geäußert. Spekulationen zufolge könnte Lee den Rücktritt seines Kabinetts zur Umbildung der Regierung nutzen. "Er wird selektiv entscheiden", glaubt auch Pokorny. Auf dem Schleudersitz sitzen derzeit der Landwirtschafts-, der Außen-, und der Finanzminister. Lee hatte einige Schlüsselposten in der Regierung mit ihm loyalen Personen besetzt, die mittlerweile unter dem Verdacht stehen mit Immobilien spekuliert zu haben. So könnte Lee ehemalige politische Weggefährten, die mittlerweise zur Belastung wurden, loswerden. Allerdings nicht sofort: "Bis die neuen Minister im Amt sind, wird aber sicher noch ein Monat vergehen", sagt Pokorny.

Die Polizei ist unterdessen in Alarmbereitschaft versetzt: Als Sicherheitsmaßnahme blockieren Barrikaden aus Bussen und Schiffscontainern die Straße zum Präsidentenpalast in Seoul. (mka, derStandard.at, 10.6.2008)