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Tschüss, „Ändschela“: Bush verabschiedet sich in Meseberg von Merkel.

Foto: AP/Herbert Knosowski

Drohungen gegen den Iran, ein letztes Grillfest am Lande: Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel verabschiedet US-Präsident Bush freundlich, während viele deutsche Politiker mit ihm hart abrechnen.

Als George W. Bush und Angela Merkel am Mittwoch gemeinsam vor die Presse treten, muss der Gast aus den USA gleich einmal etwas richtigstellen. Irgendwo habe er gelesen, dass ihm das Essen in Deutschland nicht schmecke. Stimmt gar nicht, sagt er, „German burgers are fabulous“. Tags zuvor hat Merkel zum letzten Mal den Grill für Bush anwerfen lassen – nicht einmal in Berlin, sondern abseits im brandenburgischen Schloss Meseberg, dem Gästehaus der Regierung. Niemand mehr in Berlin hatte Lust auf all die Sicherheitsabsperrungen und den Stau. Begeisterte Berliner Bürger hätte man ohnehin nicht aufbieten können. Bush ist in Deutschland so unbeliebt wie kein US-Präsident zuvor. 77 Prozent der Deutschen sagen in einer Emnid-Umfrage, er habe schlechte Arbeit geleistet.

Iran: Alle Optionen liegen auf dem Tisch

Doch jetzt ist er ohnehin fast schon Geschichte, es gilt nur noch, ihn in der ostdeutschen Einöde zu verabschieden. „Die Zusammenarbeit macht Spaß“, man könne Probleme benennen und müsse nicht „um den heißen Brei“ herumreden, lobt Merkel und zeigt sich auch in der Iran-Frage ganz an Bushs Seite: Der Iran müsse im Atomstreit einlenken, dafür müsse man, so Merkel, „jetzt die letzte Runde der Sanktionen durchziehen“, denn diese hätten „schon Wirkung gezeigt“. Auch Bush wirbt erneut für Diplomatie, betont aber, als er nach einem möglichen Militärschlag gefragt wird: „Alle Optionen liegen auf dem Tisch.“

Ob er den Irakkrieg bedaure, wollen Journalisten wissen. „Ich bedaure ihn nicht im Geringsten“, antwortet Bush, räumt aber ein: „Ich denke im Nachhinein, ich hätte einen anderen Ton, eine andere Rhetorik benutzen sollen.“ Doch solch Einsicht nützt Bush nicht mehr viel. Die Bilanz der Deutschen über seine Amtszeit ist vernichtend: „Ich werde Bush nicht vermissen“, sagt der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Eckhart von Klaeden, und erinnert an „das Desaster nach dem Irakkrieg“. Bush habe „alles getan, um den Abstand zwischen den USA und Europa zu verbreitern“, meint auch Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP). Und nach Ansicht des Grünen-Fraktions-Vizes Jürgen Trittin hat Bush „die Welt eindeutig schlechter gemacht“, infolge des Irakkrieges sei die Energieversorgung fragiler geworden.

Merkel sieht „eine neue Zeit“

Natürlich wird auch Merkel gefragt, ob sie Bush vermissen wird. Sie aber antwortet ausweichend und vielsagend: „Es ist seine letzte Europareise. Es wird dann eine neue Zeit beginnen.“ Fünfmal war Bush während seiner Amtszeit in Deutschland, und das Verhältnis der Deutschen zu den USA durchlief in diesen Jahren ein Wechselbad der Gefühle. 2001, kurz nach den Anschlägen auf das World Trade Center in New York, versprach der damalige Kanzler Gerhard Schröder den Amerikanern noch „uneingeschränkte Solidarität“. Doch diese reichte nur bis Afghanistan. Dort schickte Schröder deutsche Soldaten hin, in den Irak jedoch nicht.

Das hat Bush letztendlich geschluckt, nicht aber, dass Schröder 2002 einen Anti-Krieg- und somit auch Anti-Bush-Wahlkampf führte. Die beiden kitteten die Risse nur mühsam, besser wurde das deutsch-amerikanische Verhältnis erst mit dem Amtsantritt Merkels 2005. Diese wurde von Bush als „smart“ und „clever“ gelobt, wenngleich die deutsche Kanzlerin Bush für das Gefangenenlager Guantánamo kritisierte. Dass Bush voriges Jahr beim G8-Gipfel im ostdeutschen Heiligendamm überhaupt Zugeständnisse in der Klimapolitik machte, war vor allem Merkel zu verdanken.

Nun aber blickt Deutschland nach vorn. Müssten die Deutschen den nächsten US-Präsidenten wählen, der Sieger wäre klar: Barack Obama wird in allen Umfragen präferiert. Auch das politische Berlin hofft eher auf den Demokraten. Doch egal, wer ins Weiße Haus einzieht – Berlin rechnet schon jetzt damit, dass der Neue mehr Engagement in Krisengebieten erwartet. Für Deutschland könnte dies bedeuten: Es müssen noch mehr deutsche Soldaten nach Afghanistan, auch in den härter umkämpften Süden. Und wenn Deutschland keine Soldaten in den Irak schickt, dann sollte es sich dort stärker mit wirtschaftlicher Unterstützung einbringen. (Birgit Baumann aus Meseberg/DER STANDARD, Printausgabe, 12.6.2008)