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Umweltminister Josef Pröll will in der Sache hart bleiben.

Foto: APA/EPA/Nagi
Wien – Neben dem Bund-Länder-Konflikt rund um die Neustrukturierung der Krankenkassen eröffnet Umweltminister Josef Pröll nun eine weitere Front: Er hat am Mittwoch einen Gesetzesentwurf in Begutachtung geschickt, mit dem der Ressortchef ein Durchgriffsrecht beim Klimaschutz erhält. Derzeit hat Pröll keine Handhabe, wenn andere Gebietskörperschaften oder andere Ministerien keine oder unzureichende Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgase ergreifen.

Konkret sieht der Entwurf eine Verfassungsbestimmung vor, die eine rechtliche Grundlage für die Aufteilung von Obergrenzen für die Emissionen darstellt. Verfehlen dann beispielsweise die Länder, in deren Kompetenz die Althaussanierung fällt, die Vorgaben, müssen sie die Kosten für den Zukauf von Verschmutzungsrechten tragen. Dabei geht es um viel Geld: Nach derzeitigem Stand könnte die Verfehlung der Klimaziele rund 1,5 Milliarden Euro teuer werden. In Bereichen mit gemischten Zuständigkeiten wie dem Verkehr ist die Teilung der Lasten vorgesehen. Dabei soll ein eigener Schlüssel entwickelt werden. Kommt es zu keinem Verhandlungsergebnis, will der Umweltminister die Hälfte der Kosten den Ländern umhängen.

"Unerträglich"

Von denen kamen am Mittwoch ablehnende Reaktionen. "Es ist unerträglich, wie der zuständige Umweltminister nun jegliche Verantwortung auf die Länder abschieben will", erklärte die Wiener SP-Umweltstadträtin Ulli Sima. Pröll und die ÖVP schauten seit Jahren tatenlos zu, wie sich Österreich immer mehr vom Kioto-Ziel entferne. Nun wolle er, dass sich die Länder alleine mit dem Thema abstrudeln.

Pröll will in der Sache hart bleiben – und kann das auch, haben die Länder doch außer bei der Behandlung im Bundesrat keinerlei Einspruchsrechte. Auf den Widerstand der Länder angesprochen, meinte Pröll zum Standard: "Wir müssen das umsetzen. Wir haben lange auf Freiwilligkeit gesetzt. Manche versuchen, sich von der Verantwortung zu verabschieden. Deshalb ist es an der Zeit, die Verpflichtung zur Zielerreichung zwischen den Gebietskörperschaften zu regeln."

Drei Wochen Begutachtung

Wie schwer sich Bund und Länder bei derartigen Projekten tun, zeigen die laufenden Verhandlungen für Klimaschutzmaßnahmen bei Gebäuden im Rahmen des Finanzausgleichs. Eine Vereinbarung darüber ist trotz grundsätzlicher Einigung in monatelangen Verhandlungen bisher nicht zustande gekommen. Im Gegensatz zu Sima ist das Umweltministerium der Ansicht, dass "die Länder bei der Althaussanierung fast nichts getan haben", wie es gestern aus dem Ressort hieß.

Auf Koalitionsebene ist ungewiss, ob Pröll das Gesetz, das nun für drei Wochen in Begutachtung geht, durchbringen wird. Als "zu unbestimmt" bezeichnete SP-Umweltsprecherin Petra Bayr den Entwurf. Sie vermisst vor allem konkrete Maßnahmen zur CO2-Reduktion im Inland. Bayr kritisierte in einer Aussendung zudem, dass weiterhin auf den Zukauf von Emissionszertifikaten gesetzt werde. "Damit wird die Politik der letzten Jahre fortgesetzt und Verantwortung abgeschoben."

"Riesenenttäuschung"

Enthalten sei in dem Entwurf lediglich, dass die jeweiligen Ministerien mit den Ländern Verhandlungen führen sollen und sich die Länder untereinander über die Aufteilung der Lasten absprechen sollen, so die SP-Abgeordnete. "Die Begutachtung muss intensiv dazu benutzt werden, noch etliche Verbesserungen einzuarbeiten. Denn in dieser Form wäre das Gesetz alles andere als ein großer Wurf, sondern eine Riesenenttäuschung", so Bayr. Global 2000 begrüßte zwar, dass das Klimaschutz in der Verfassung verankert werden soll. Die Verteilung von Klimaschutzverpflichtungen ist der Umweltschutzorganisation aber zu wenig. "Wir brauchen die Festlegung auf den Ausbau erneuerbarer Energien und auf Energieeinsparung in Österreich. Dies und ein Zielpfad bis hin zu einem klimaverträglichen Pro-Kopf-Wert von zwei Tonnen Treibhausgas-Emissionen im Jahr 2050 muss im Gesetz stehen", so Expertin Silva Herrmann. (as, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 14.6.2008)