Philipp Hackert: Das Landschaftsstück "Tal von Roveto" (1795) ersteigerte Johann Kräftner im September 2007 bei Koller (Zürich) für umgerechnet knapp 291.000 Euro.

Foto: Liechtenstein Museum
Wien – Der Besitz ist nach wie vor das Ziel, und im Fall Liechtenstein will zudem das Sammlungsprofil geschärft werden. Sonst könnte man ja angesichts des eher zwanghaften, episodischen Kaufens bei Johann Kräftner gar Kaufsucht wittern. Entzugserscheinungen, so der fürstliche Chefeinkäufer einen Stopp verordnet bekäme? Ja, auch die sind vorstellbar.

Gäbe es da nicht das erklärte und vom Fürsten abgesegnete Motto: "Gutes durch Besseres zu ersetzen", wie es Kräftner formuliert. Die Liste der jüngsten Akquisitionen ist stattlich. Gleichzeitig betätigt man sich derzeit als Verkäufer, allerdings nehmen sich die Einnahmen der via Christie’s in Amsterdam und London aus der Sammlung des Fürstenhauses versteigerten Exponate im Vergleich dazu wie ein besseres Taschengeld aus.

In Amsterdam brachten 430 Positionen Anfang April 5,4 Millionen Euro, Ende April 42 antike Objekte in London 482.000 Euro – in beiden Fällen konnte das Ergebnis gegenüber den Erwartungen verdoppelt werden. Am 9. Juli sollen rund 30 Gemälde aus dem Besitz von Fürst Hans Adam II. zwischen 773.000 und 1,16 Millionen Pfund, umgerechnet also bis zu 1,45 Millionen Euro, einspielen.

Derzeit wird der Grafikbestand aussortiert, auch hier sind – zu einem späteren Zeitpunkt – Verkäufe geplant. Offiziell wandern die Einnahmen direkt in die Stiftung, die gleichzeitig aber auch das Einkaufsbudget verwaltet. Mit 585.600 Euro (netto 480.000 Euro) schlug sich zuletzt Angelika Kauffmanns bei Hassfurther am 29. Mai ersteigertes Telemach und Mentor auf der Insel der Kalypso zu Buche.

Hassfurther titulierte das als Weltrekordpreis, was wohl eher seinem persönlichen Wunschtraum als der Realität entspricht: Den Rekord hält nach wie vor Sotheby’s, dort brachte ein Familienporträt im Juni 2003 netto 450.000 Pfund oder umgerechnet 638.100 Euro, gefolgt von netto 400.000 Pfund (571.160 Euro), die im November 2004 das Portrait Anne Seymour als Ceres einspielte. Etwas tiefer wird Kräftner dagegen für Nicolas Colombels Atlanta und Hippomenes in die Taschen gelangt haben: Das den Metamorphosen des Ovids entnommene Sujet ist seit kurzem im SaalVII (Peter Paul Rubens und Co) des Museums ausgestellt. Für einen unbekannten Betrag wurde es Anfang des Jahres aus dem New Yorker Kunsthandel erworben, davor hatte das um 1680 datierte Gemälde bei Sotheby’s in London eine Runde gedreht, dort fiel der Hammer im Dezember 2006 bei netto 450.000 Pfund (667.575 Euro).

Auch die aktuelle Ausstellung – Oasen der Stille. Die großen Landschaftsgärten in Mitteleuropa (bis 18.11.) – konnte Kräftner mit zum Teil frischen Neuerwerbungen bestücken: Sotheby’s hatte die Teekanne 2005 noch der Wiener Manufaktur Du Paquier zugeordnet, 345.000 Euro und eine Kräftner-Expertise später dokumentiert sie als Böttger-Meissen, bemalt von Ignaz Preissler und um 1725 datiert, die von Europa rezipierten chinesischen Motivwelten.

Gleich im ersten Saal der aktuellen Sonderausstellung prangt Jakob Philipp Hackerts 1795 gemaltes Tal von Roveto: Ursprünglich war es in der Sammlung des Grafen Grigory Vladimirovich Orlov, wechselte dann über die St. Petersburger Akademie zusammen mit dem Gegenstück (Italienische Landschaft) in die Staatliche Eremitage (seit 1922).

Am 21. Mai 1929 gelangte das Tal von Roveto in den russischen Staatshandel, von dort in die Galerie van Diemen (Berlin) und schließlich in Schweizer Privatbesitz. Im September vergangenen Jahres gelangte das auf 240.000 bis 320.000 CHF taxierte Gemälde bei Koller in Zürich zur Auktion, und Kräftner ließ sich das schmucke Landschaftsstück netto 480.000CHF oder umgerechnet 290.880Euro kosten. Wie viel er für Josef Rebells Waldige Landschaft mit einem Tempel berappte, ist nicht bekannt, nur so viel, erworben wurde es bei einem Kunsthändler in New York, und Kräftner musste ob anderer Interessenten – in diesem Fall Konrad O. Bernheimer – schnell entscheiden.

Vermutlich hätte Kräftner das 1809 datierte Gemälde aber günstiger haben können: im November 2006 bei Christie’s Amsterdam für netto 20.000 Euro. Eine Premiere brachte Kräftner für diese Ausstellung ebenfalls hinter sich, mit Gottlob Samuel Mohns Ranftbecher mit der Ansicht von Schloss Greifenstein holte er sich bei Sotheby’s im November für brutto 10.625 Pfund oder umgerechnet knapp 13.260Euro das erste Glas der fürstlichen Sammlungen überhaupt.

Etwa zwei Jahre dauerte die Jagd nach den jüngst im Londoner Kunsthandel ergatterten Hartporzellanfiguren der Manufaktur Carlo Ginori. Vor wenigen Tagen haben die um 1745 in Doccia ausgeführten Vier Jahreszeiten ihren Bestimmungsort eingenommen, in unmittelbarer Nähe zu ihren Vorbildern, den das Badminton Cabinett zierenden Bronzefiguren aus der Zeit um 1720/32. In die Kategorie Abrundung bzw. Ergänzung fällt handverlesene Ebenisten-Ware David Roentgens: Einen Verwandlungstisch um 1780–1795 sowie einen Rollschreibtisch um 1780/82 (beides Galerie Neuse, Bremen) darf Kräftner nunmehr ebenso zu seinem Bestand zählen wie eine um 1792/93 entstandene Uhr mitsamt dem Musikautomaten (Orgelwerk), der die Zauberflöte gibt (Galerie Rudigier, München). (Olga Kronsteiner, DER STANDARD/Printausgabe, 12.06.2008)