Postbote Remo Plankel im Einsatz. In seinem Rayon in Vorarlberg gehören Skier zum Fuhrpark.

Foto: STANDARD/Dechant
"Die Post bringt allen was" – wenn es die meteorologischen Umstände und geografischen Gegebenheiten erlauben. Zumindest werden keine Mühen gescheut, um selbst in den entlegensten und abgeschottetsten Winkeln die Kundschaft mit Briefen und Paketen zu versorgen, wie Emil Kegele, Distributionsmanager der Vorarlberger Post, beteuert. Auf "besondere Fahrverhältnisse", wie es Kegele ausdrückt, also Schneefahrbahnen in Höhenlagen, unbefestigte Schotterstraßen und vorbeiflitzende Skifahrer, müssen die rund 370 Zusteller im Ländle jedenfalls gefasst sein. Für den richtigen Drive sorgen im Fuhrpark der Vorarlberger Post rund 160 Fahrräder, die im Flachland unterwegs sind, den gebirgigen Rest bewältigen 240 Postwägen, davon 70 mit Allradantrieb – sowie ein Paar Ski. Die benutzt der langjährige Postbote Remo Plankel, um zwischen Dezember und Mitte April das Bergdorf Damüls im Bregenzerwald zu beliefern – welches 2006 aufgrund von Wetterdaten mit dem Titel "Schneereichstes Dorf der Welt" ausgezeichnet wurde. In den Wintermonaten ist die Zufahrt zu den rund 100 Haushalten – einem Drittel von Plankels Rayon – nicht mehr möglich. Deswegen wechselt der passionierte Post-Sportler in der kalten Jahreszeit vom Auto in den Skilift und wedelt über teils unpräpariertes Gelände von einem Haus zum nächsten, um seine Mission zu erfüllen.

Mit dem Auto über die Skipiste

Mit Pisten und Skifahrern sind aber auch andere Briefträger konfrontiert, wie Kegele erzählt: "Gerade in den Skigebieten um Lech kommt es vor, dass bestimmte Straßen nicht geräumt werden und die Zusteller mit dem Auto über die Skipiste fahren. Die sind präpariert und deshalb leichter befahrbar." Selbstverständlich nur mit Sondergenehmigung der jeweiligen Gemeinde. Im Montafon hingegen werden manche Straßen im Winter zu Rodelbahnen, weshalb besondere Vorsicht geboten ist. Im Großwalsertal wiederum hat der Postbeamte einen Schlitten dabei, mit dem er die Pakete für eine Firma über die Skipiste zieht.

Nur "in Ausnahmefällen, wenn gar nichts anderes funktioniert", werden Postautos auch mit Spikes versehen, räumt Kegele ein. Das sei aber ohnehin nur bei älteren Modellen möglich. Wo Privatstraßen im Winter nicht geräumt werden oder eine Räumung durch tagelangen Schneefall nicht möglich ist, muss auch der ambitionierteste Postler passen, gesteht Emil Kegele. So fällt in einem strengen Winter die Zustellung in Warth am Arlberg des Öfteren aus, weil der Briefträger selbst nicht aus dem abgeschnittenen Bergdorf herauskommt, um die Post abzuholen. "Der Verschleiß ist in ländlichen Gegenden natürlich größer. Bei manchen Zufahrten muss man mehrere Kilometer rückwärts fahren", erklärt Distributionschef Kegele. "Die Wägen, die mit permanentem Allradantrieb ausgestattet sind und 70 bis 80 Prozent der Strecken bergauf fahren, brauchen natürlich auch mehr Sprit." Aufgrund der hohen Reparaturkosten gibt es im Vorarlberger Post-Fuhrpark auch kein einziges Moped.

Improvisieren ist Teil des Jobs

Bundesweit sind derzeit 1059 Fahrräder, 1373 Mopeds, 7215 Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen und 222 über 3,5 Tonnen für die Zustellung im Einsatz. Kürzlich wurden 50 Erdgasautos angeschafft, Elektromopeds wurden getestet, entsprachen bisher aber nicht den Anforderungen, wie Michael Rauch, Leiter des zentralen Fuhrparkmanagements, erläutert. "Wir brauchen teilweise sehr spezifische Lösungen", sagt Rauch. "Gerade im Allradbereich muss man einen Spagat machen zwischen Sicherheit und Komfort für die Fahrer auf der einen Seite und den höheren Lebenszykluskosten auf der anderen." Die Beschaffung der Gefährte erfolgt aufgrund einer Rahmenvereinbarung aus einem eingeschränkten Bieterpool und auf Basis einer regionalen Bedarfserhebung. Wie viele Fahrzeuge von welchem Typ gekauft werden, hänge von vielen Faktoren wie etwa dem zu befahrenden Gelände, der Struktur der Abgabestellen und dem zu transportierenden Sendungsvolumen ab. "Man muss sich vorstellen, dass die Fahrer täglich im Schnitt 200-mal aus dem Wagen ein- und aussteigen und nicht nur der Antrieb stark strapaziert wird. Da ist es eine große Herausforderung, den richtigen Hersteller zu finden", meint Rauch. Die Nutzungsdauer betrage im Durchschnitt acht Jahre.

Für die Zustellung in den Alpen Geländewägen, Schneepflüge oder gar Pferdeschlitten anzuschaffen, daran denkt man im Fuhrparkmanagement jedoch nicht. Man setzt weiterhin auf den Erfahrungschatz und die Improvisationskünste der Fahrer. (Karin Krichmayr, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.6.2008)