Die zweite Version von Apples iPhone ist keine neue „Revolution“, sondern quasi die Rückkehr zur Normalität des Handymarkts. Normalität bei Handys heißt: Wir bekommen unser Telefon (fast) geschenkt, dafür zahlen wir in Form von 24-Monate-Verträgen.

Das Kulthandy kostet nur noch die Hälfte

Denn die wichtigste Neuerung des iPhone 3G, abgesehen von der überfälligen Integration schnelleren Internets (3G, UMTS, HSPA – ich wünschte, wir könnten uns diese Kürzel endlich alle sparen, weil Internet einfach definitionsgemäß schnell ist) und der Öffnung für Software von Drittherstellern, ist diese: Das Kulthandy kostet nur noch die Hälfte.

Oder noch weniger: O2 in Großbritannien und Irland "verschenkt" es oder verlangt deutlich weniger als die angekündigten „maximal 199 Dollar“, je nach Vertrag. Spätestens bis Weihnachten können wir mit den üblichen 49-, 99-, 129- und 199-Euro-Preisen rechnen.

Bodenhaftung

Für die Konkurrenz ist die Bodenhaftung, die Apple damit am Handymarkt gewinnt, keine gute Nachricht: Denn das größte Hindernis für iPod-artige Verkaufserfolge war bisher der Preis (nebst fehlendem 3G). Auch was die Zahl der Betreiber angeht, ist Schluss mit der esoterischen Exklusivitätsmasche: Vom 11. Juli an wird One nebst T-Mobile das iPhone verkaufen, vermutlich bis Jahresende auch die beiden anderen.

"Apple für die Massen"

„Apple für die Massen“ (New York Times-Titel nach Vorstellung des neuen Geräts und Verkaufsmodells) scheint damit nichts im Wege zu stehen. Der Trost für die anderen Hersteller ist, dass der lange propagierte Wandel vom Telefon zum „Multimedia-Computer“ (© Nokia) endlich wirklich „die Massen“ erreicht, mit Wachstumsmöglichkeiten für alle. Apple gebührt die Anerkennung, dass sein frischer Wind wesentlich dazu beigetragen hat. (Man kann diese Behauptung auch quantifizieren: Der Datenverkehr, den Betreiber bei iPhones registrieren, oder die Zahl der Google-Abfragen von iPhones, ist ein Vielfaches gegenüber anderen Geräten – obwohl diese im Wesentlichen dieselben Funktionen anbieten).

Navi-Alternative

Was ist zum neuen iPhone selbst zu sagen? 3G war überfällig (obwohl auch der bisherige Internetzugang die Online-Nutzung offenbar nicht wirklich behinderte), und die mickrige Kamera bedarf weiterhin dringend eines Upgrades. GPS in Verbindung mit dem großen Schirm macht das iPhone 3G wahrscheinlich zu einer realen Navi-Alternative.

Die neuen Software-Angebote über den einfach zu benutzenden Onlinestore am Handy öffnen Nichthackern ein Füllhorn nützlicher und unterhaltsamer Funktionen ihres iPhones. Zwar ein alter Hut für Smartphones – aber noch installieren nur Unternehmen und wenige fortgeschrittene Nutzer Software auf ihrem Handy.

Logisch

Ein logischer Schritt für Apple: alle unsere Geräte (bzw. die Daten darauf) durch einen Onlinedienst zusammenzuführen. „MobileMe“ leistet dies für iPhones, den iPod Touch, PCs und Macs. Wenn Apple über seinen Schatten springt, dann würde es auch noch Symbian-Smartphones (Nokia) und Windows-Mobile-Geräte miteinbeziehen. Dafür verlangt Apple Geld (79 Euro im Jahr) und will damit einen Teil der Preisreduktion beim Handy wettmachen.

In gewisser Hinsicht lässt sich das iPhone 3G mit dem seinerzeitigen Wechsel zum Prozessorhersteller Intel vergleichen: Ein Schuss Konformität ist ein unglaubliches Wachstumshormon. Trotzdem bleibt ein _ausgezeichnetes Produkt über.(helmut.spudich@derStandard.at, DER STANDARD Printausgabe, 12. Juni 2008)